Mit Lebensfreude Grenzen überfliegen...

Donnerstag, 21 Dezember 2023 15:31

Interview mit Martin Petz

geschrieben von
Martin Petz Martin Petz Martin Petz

Martin Petz wurde in diesem Jahr zum 3. Mal Deutscher Meister im Gleitschirmstreckenfliegen. Außerdem hatte er bisher 6 Nationalmannschaftseinsätze und viele Top Ten - Platzierungen in internationalen Wettbewerben. Im Interview erzählt er über seine Herangehensweise.

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Hier das Transkript vom Interview mit Martin Petz zum Nachlesen:

 

Du fliegst schon seit 2005 Gleitschirm, wie bist du damals dazu gekommen? Was war ausschlaggebend, dass du gesagt hast, damit möchtest du anfangen?

Ich habe einen Freund, der damals schon sehr gut Drachen geflogen ist, obwohl er sehr jung war. Seine Eltern sind beide geflogen und der hat uns immer vor dem Weggehen mit Flugvideos gelangweilt. Irgendwann hat er uns dann doch mal dazu überredet, an den Übungshang zu gehen. Und dann habe ich mir überlegt, will ich den Drachen immer wieder den Übungshang hinauftragen oder den Gleitschirm? Da dachte ich „Gleitschirm fliegen macht bestimmt mehr Spaß“. 

 

War es einfach nur, okay, Gleitschirm ist weniger anstrengend, oder war Drachenfliegen nie eine Option für dich?

Also Gleitschirm- oder Drachenfliegen war jetzt nichts, was ich je gedacht hätte, dass ich das mal mache. Wie gesagt, wir sind an einen Übungshang gegangen und mit dem Gleitschirm hat man ja dann doch recht schnell Erfolgserlebnisse. Der erste Hüpfer hat mich dann schon gepackt und dann habe ich auch gleich einen Grundkurs gemacht und ziemlich schnell einen Höhenkurs. Das war dann irgendwann Anfang Februar bzw. Ende März, wo ich noch am Übungshang war, und zu Ostern habe ich dann den Grundkurs gemacht und zu Pfingsten meinen Schein. 

 

Oh, das ging ja dann echt schnell, ja. Und ich glaube, du hast ja mit dem Akrofliegen angefangen. Du hast, glaube ich, ziemlich viel Kunstflug gemacht. Hilft dir das auch heute noch beim Streckenfliegen? Oder sagst du, nee, das war halt eine spaßige Zeit und gut ist's?

Ja, so richtig aktuell bin ich nie geflogen, aber ich habe schon früh angefangen, mir Sachen wie Stall, Wing-Over, Sat, selber beizubringen, Helikopter auch, das hat sogar mal geklappt. Aber irgendwann hatte ich dann auch nicht mehr die Schirme dafür und dann habe ich es eine Weile sein lassen. Jetzt habe ich tatsächlich wieder einen Schirm zum Stalls üben und so weiter. Ich war im Herbst jetzt auch wieder fleißig.

 

Wie bist du dann eigentlich zum Strecken- und Wettbewerbsfliegen gekommen? 

Ja, das war so eine natürliche Entwicklung. Also auch eine schnelle natürlich, weil, wie gesagt, durch den Anschluss, durch den Andi, hatte ich dann einfach schon ich gewusst, dass es Wettbewerbe gibt und wusste auch, was OLC ist, also den Online Contest. Ja, das ging peu à peu. Also die erste Junior Challenge habe ich dann gleich 2006 gemacht. Und das hat mir dann auch trotz sehr schlechtem Wetter gut gefallen. Und dann habe ich das folgende Jahr gleich ein paar Wettbewerbe geflogen. 

 

Was hat dir da gut gefallen? Das Fliegen war es dann doch eher nicht so, oder doch? 

Ja, doch schon, weil einfach, gerade durch das schlechte Wetter, also es ging wirklich nicht viel, die Basis war ein bisschen über Startplatz in Greifenburg, aber ich weiß gar nicht, ich bin 20 Kilometer weit gekommen, aber der Benni Hörburger zum Beispiel, der ist den Task fertig geflogen und dann hat man mal schon gesehen, was da so möglich ist auch. Ich hatte einfach das Gefühl, dass ich da schon allein durch die zwei Flüge super viel gelernt habe. 

 

Das höre ich immer wieder, also das halt beim Wettbewerbsfliegen und die Erfahrung habe ich ja auch gemacht, dass man da einfach brutal viel lernen kann in relativ kurzer Zeit. Ist es das, was dich auch motiviert, ständig dranzubleiben beim Fliegen? Oder was ist es, was dich motiviert, immer weiterzumachen?

Das ist eine gute Frage, also schon auch die Entwicklung, also ich habe schon so ein bisschen das Ziel oder den Traum, dass ich einen bestimmten fliegerischen Stil oder dass ich ein bestimmtes Level erreiche, wobei ich jetzt nicht sagen kann, so bis hier und dann ist Schluss, sondern ich finde es einfach schön, wenn ich Piloten zuschaue, wie zum Beilspiel Maxime, Ferdi, Philipp und noch viele andere. Es ist einfach ästhetisch und schön anzusehen, was die fliegen. Und das spornt mich auch weiter an, dass ich mich weiterentwickle und das geht eigentlich am besten im Wettbewerb. 

 

Wie bereitest du dich dann so auf eine Flugsaison vor? Also was sind so deine Vorbereitungen, wenn es dann im April wieder losgeht?

Also eine richtige Pause mache ich eh nicht. Wir versuchen immer zu fliegen, wenn es geht, klar jetzt war wieder eine lange Schlechtwetterperiode, wo es dann einfach, wo dann lange Pausen da sind, aber ich versuche dann früh im Jahr nach Bassano zu fahren, das ist nicht so weit weg von uns, mit vier, viereinhalb Stunden. Da einfach wieder viel Thermikluft zu schnuppern. Und meine Frau und ich nutzen die ersten Ostwindtage Tage, um wieder an den Übungshang zu gehen und da einfach zu spielen und wieder fit zu werden. Auch wenn es erst die ersten „fliegbaren“ Tage sind mit Thermik, aber es lohnt sich eigentlich immer. 

 

Was übt ihr dann beim Groundhandling? Oder ist es einfach nur wirklich so das Rumspielen, Handling? Oder gibt es dann so bestimmte Sachen, wo ihr sagt, okay, dass wollt ihr da üben? 

Ja, es ist einfach Rumspielen, Staren und Spaß haben. 

 

Wie viele Flugstunden hast du so im Jahr? Also du bist einer, der gefühlt immer in der Luft ist. 

Ich denke, letztes Jahr, 2022, habe ich bisher am meisten geschafft, da habe ich die 300 geknackt. Ich schreibe es mir selbst nicht auf, aber ich habe einen Flymaster Live und das macht das automatisch, dann kann ich nachschauen wieviel ich geflogen bin und wie viele Flugstunden ich absolviert habe. Und das habe ich jetzt seit sieben Jahren und ich fliege im Schnitt immer rund um die 240 Flugstunden. 

 

Das ist schon eine ganze Menge. Wie schaffst du das, so 240 Flugstunden zusammen zu bekommen? Denn du arbeitest ja auch, du machst momentan noch eine Fortbildung, hast eine Frau. Familie solltest du vielleicht auch hin und wieder mal besuchen gehen. Wie kriegst du das so alles unter einen Hut?

Ja, es geht. Wir haben unser Leben halt ums Fliegen herum ausgerichtet. Wir wohnen am Berg, ich bin zu Fuß innerhalb von 45 Minuten am Startplatz, wenn ich mich beeile und fit bin. Also von der Haustür, das hilft schon auf  jeden Fall und ich bin auch sehr flexibel mit meinen Arbeitszeiten.

 

Welche Vorbereitungen triffst du denn, wenn du so auf den Wettbewerb gehst? Also wie bereitest du dich da optimal darauf vor? Schaust du dir das Fluggebiet an oder schaust du dir Streckenflüge vorher an, die dort schon geflogen sind? Oder was machst du, um da gut vorbereitet in den Wettbewerb zu gehen?

Tatsächlich bereite ich mich eigentlich gar nicht vor auf den Wettbewerb, also ich schaue halt, dass ich alle Sachen dabeihabe und dass ich pünktlich zur Einschreibung da bin.

 

Ok, also schaust du dir vorher nichts an?

Ne, eigentlich nichts. 

Gibt es irgendwie bestimmte Flugtechniken oder Strategien, die du während eines Wettbewerbs anwendest? Wie gehst du an die Sache ran? 

Also ich versuche schon, das Ganze kontrollierter anzugehen. Vor ein paar Jahren bin ich noch sehr viel vorneweg geflogen und habe jede Möglichkeit genutzt, um eine Attacke zu setzen. Aber das war alles mehr aus dem Bauch raus und so die letzten zwei, drei Jahre versuche ich, ein bisschen mehr mit Hirn zu fliegen. Und mir vielleicht auch noch ein bisschen Zeit zu lassen, bevor ich eine Entscheidung treffe, und das hat sich dann auch bezahlt gemacht. 

 

Was heißt mit Hirn zu fliegen? Was muss ich mir darunter vorstellen?

Ich meine damit, dass ich nicht jedem Impuls folge, weil die ja oft auch nicht, ich sage mal, aus der richtigen Motivation herauskommen. Also ich kann im Wettbewerb oder ich kann generell beim Fliegen aus jeder Situation einen kleinen Wettbewerb machen, aber ob das dann zielführend ist, sei halt mal so dahingestellt und ich habe mir vor ein paar Jahren überlegt, wie ich das ein bisschen in den Griff kriege bei mir, dass ich da, wie soll ich sagen, etwas ruhiger werde und habe das dann Fliegen mit Freunden genannt. Also ich habe dann versucht zu erkennen, mit wem ich jetzt gerade im Pulk bin. Ich meine, das klappt ja eh ganz gut, aber es sind ja dann doch mal 120 Piloten oder so und dann einfach mich zu freuen, dass ich jetzt mit denen da fliege und nicht versuche so schnell wie möglich weiterzukommen. 

 

Also nicht gegen die anderen zu kämpfen, sondern zusammen mit den anderen zu fliegen, oder?

Ja genau, mich einfach gerade freuen, dass ich den Moment mit ihnen teile. 

 

Das ist eine schöne Einstellung! Wie wichtig ist es denn, mit anderen Piloten zusammen zu arbeiten in einem Wettbewerb? 

Es kommt schon sehr aufs Gelände an, also in den Bergen vielleicht ein Ticken weniger, bei guten Bedingungen, wie im Flachland bei schwachen Bedingungen zum Beispiel, wo man einfach nicht so viele Marker hat oder die Linie nicht so klar ist. Aber es ist schon ein großer Teil von dem Ganzen, ja. Nicht nur beim Wettbewerbsfliegen, auch sonst. Also ich bin ja jedes Mal froh, wenn ich irgendwo einen Thermikmarker sehe, ob es jetzt eine Wolke oder ein anderer Gleitschirmflieger, Segelflieger oder ein Vogel ist. Das sind alles Informationen, die helfen. 

 

Schaust du dir vor Wettbewerben so den Wetterbericht nochmal genauer an oder verlässt du dich da drauf, was die Organisatoren dann sagen?

Ja, also oft vor dem Wettbewerb schaue ich mir schon den Wetterbericht an, weil es gibt schon auch Organisatoren, die, wie soll ich sagen, die sehr viel Aufwand in die Vorbereitung stecken und dann ist das Wetter nicht so toll angesagt und dann stehen sie halt vor einer wirklich schweren Entscheidung, was man auch nachvollziehen kann. Aber inzwischen sind die Wetterberichte doch ganz gut und ich bin dann auch mal so frei und entscheide für mich, dass es sich nicht lohn hinzufahren – wobei das nicht oft vorkommt. 

 

Wenn du jetzt dann so Flugentscheidungen triffst, spielt da die Wettervorhersage dann auch eine große Rolle für dich im Wettbewerb? Oder sagst du, du orientierst dich rein nach den anderen Piloten? Oder sagst du dann auch, wenn es super Vorhersagen sind, dann bin ich vielleicht doch mal vorneweg?

Nein, also ich bin, jetzt weiß ich, wie du die Frage vorhin gemeint hast, also von dem Task schaue ich nicht mehr so viel in den Wetterbericht, außer ich habe Bedenken wegen der Sicherheit oder so, weil mir was nicht gefällt, was ich sehe oder wenn eine Front kommt, oder weiß der Geier was, z. B. Föhn. Dann schaue ich schon, um einfach für mich nochmal Klarheit zu haben, aber wenn das jetzt ein einigermaßen normaler Tag ist, dann interessiert mich der Wetterbericht nicht so sehr. Ich sehe die Luft so gut und was rundherum ist und auch, was die anderen Piloten machen, dass ich meine Entscheidungen darauf treffe, was ich sehe und was ich spüre. 

 

Wie gehst du denn mit unvorhergesehenen Situationen um oder wenn es mal Schwierigkeiten in der Luft gibt?

Unvorhergesehenes ist so ziemlich alles in der Luft, oder? 

 

Ja, das stimmt. Ja, bei manchen Dingen macht es ja dann Angst. Oder man hat ja immer so einen Kopf irgendwie. Okay, so sollte es laufen. Und dann ist man auf einmal überrascht. Ups, das ist ja ganz anders. Wie gehst du denn mit sowas um? 

Das Schöne am Fliegen ist für mich ja eigentlich auch, dass es sehr situationsbedingt ist, also man startet und dann schaut man mal und dann fliegt man los und dann kriegt man immer ein besseres Bild vom Tag oder und wenn es jetzt mal zum Beispiel nicht gut gelaufen ist, weil dann und ich irgendwo tief bin, dann muss ich halt schauen, dass ich jetzt wieder Höhe mache und wieder hinterher fliege und aufholen kann, da hilft es mir nicht mich zu ärgern. 

 

Versuchst du es dann innerlich abzuhacken? 

Ja, einfach aus der Situation, in der ich gerade bin, wieder das Beste zu machen. 

 

Setzt du dir irgendwie Ziele für das Jahr oder für den Wettbewerb? Oder wie wichtig ist es für dich überhaupt, Ziele zu haben?

Ist schon wichtig für mich, habe ich jetzt in den letzten Jahren mich auch ein bisschen mehr damit auseinandergesetzt, habe dann auch gemerkt im letzten Wettbewerb dieses Jahr, dass ich da ohne Ziele hingefallen bin, weil einfach das kurz nach der deutschen Meisterschaft war und es lief sehr gut und ich war dann eigentlich mit dem Jahr zufrieden und habe mir da keine Gedanken mehr drüber gemacht und habe dann aber schon gemerkt, dass auch ein Nachteil ist, wenn man keine Ziele hat und die Bedingungen dann nicht so einfach sind, um sich dann auch zu motivieren. 

 

Wie setzt du dir Ziele oder was für Ziele setzt du dir? Denn es gibt ja so Ergebnisziele oder so Prozessziele, dass ich sage, okay, ich möchte das und das verbessern. Oder was für Ziele setzt du dir?

Schon eher Richtung das, was ich verbessern möchte oder zum Beispiel konkret, dass ich einfach konstanter fliegen möchte in den Wettbewerben und nicht ein Tag gut, ein Tag schlecht, was ich in der Vergangenheit sehr oft hatte.

 

Das sind dann eher Prozessziele, dass du versuchst, deine eigenen fliegerischen Fähigkeiten zu verbessern.

Genau, ein Ziel letztes Jahr war zum Beispiel bei der Deutschen, den Wettbewerb nicht zu gewinnen. Das hat ganz gut funktioniert. Ja, ich bin dann Zweiter geworden.

 

Ja, du hast dann gewonnen, also bist du Deutscher Meister geworden.

Ja aber auch nur, weil ich nicht um den ersten Platz gekämpft habe. Dass hätte dann auch schief gehen können, weil dann einfach das Risiko für die Platzierung zu groß gewesen wäre. 

 

Das ist auch eine interessante Herangehensweise, einfach zu sagen, okay, ich will nicht gewinnen und dann einfach sein Bestes zu geben und dann auf einmal doch zu gewinnen.

Ja, da ging es mir mehr darum, nicht zu versuchen, zwanghaft, oder wie soll ich sagen, einfach zu viel zu pushen und einfach ein bisschen mehr Ruhe reinzukriegen. Und das hat dann ganz gut funktioniert.

 

 

Das war dann deine Strategie, um mit Druck umzugehen?

Das würde ich so nicht sagen, sondern einfach den Flugstill so anzupassen, um nicht auf Tasksiege zu fliegen, sondern auf ein solides Ergebnis. Sprich versuchen, jeden in die Top 10 oder Top 15 zu kommen.

 

Du hast ja auch schon sehr viele Erfolge gehabt, also du hast viele Podestplätze gehabt, du warst schon etliche Male in den Top Ten, aber auch bei großen Meisterschaften und eben, ich glaube, dreimal deutscher Meister. Und dennoch hast du, das sagst du ja auch selbst, du hast manchmal wieder Wettbewerbe, wo es dann vielleicht nicht so gut läuft. Hast du für dich schon mal einen Grund ausmachen können, was so Faktoren sind, wenn es besonders gut läuft? 

Also ich habe beobachtet bei mir, dass wenn ich ein bisschen höheren Stresslevel habe, weil ich mich über irgendwas Ärgere zum Beispiel, sei es irgendeine Entscheidung vom Organisator oder weiß ich, also gibt es jetzt nichts bestimmtes, aber wenn ich mich kurz vorm Start ein bisschen ärgere, dass ich dann gerne meinen Task gewinne. Das hat jetzt dieses Jahr auch ganz gut funktioniert. 

 

Also immer, wenn du dich geärgert hast, lief's gut. 

Ja, kann man so sagen

 

 

Wie gelingt es dir, sag ich mal, so ein Wettbewerb, wenn er mal schlecht läuft, dann schnell abzuhaken? Also ich fand das dieses Jahr bei dir total faszinierend, weil da waren ja erst die Icarus Open und gleich anschließend die German Open. Die Icarus Open liefen ja nicht ganz so gut, die German Open dafür umso besser. Da bist du dann mit ganz anderer Motivation reingegangen. Also wie hast du es geschafft, denn Wettbewerb dann gleich so abzuhacken – das ist jetzt Vergangenheit und jetzt kommt ein neuer Wettbewerb – wie schaffst du das? 

Die Icarus Open war einfach eine ganz andere Herangehensweise bei mir. Da habe ich tatsächlich versucht, immer Sachen anders zu machen, viel zu attackieren und einfach komplett meinen eigenen Stiefel zu fliegen. Das hat auch gut funktioniert, nur hat mir meistens dann das letzte Quäntchen Glück gefehlt und wenn man so einen Flugstill macht und das dann nicht da ist, dann ist man auch mal nicht in den Top 100. 

 

Das geht dann ganz schnell.

Ich habe dann einfach für mich am Weg nach Greifenburg gesagt, okay, jetzt habe ich den ganzen Blödsinn probiert, jetzt kann ich mich zusammenreißen und konzentriert fliegen.

 

Das hat ja auch gut funktioniert. Gibt es denn auch für, sag ich mal, du bist ja ein sehr, sehr routinierter Pilot, du fliegst sehr viel. Gibt es dennoch für dich vielleicht auch Situationen, die bei dir Respekt oder vielleicht sogar noch Angst auslösen?

Angst würde ich nicht sagen, aber Respekt auf jeden Fall, das ist aber auch, ich denke, wie bei jedem sehr tagesformabhängig, das ist aber vielleicht auch einer der Gründe, warum ich jetzt wieder mehr angefangen habe, Flugtechnik ein bisschen anzugehen, sprich ein bisschen mehr Stalls, Schirmbeherrschung und sowas wieder mehr in den Fokus zu rücken, um bei starken Bedingungen mit viel Wind auch souveräner zu sein. 

 

Wenn du aber dann mal doch in so eine respektvolle Situation, sag ich mal, kommst, wie gehst du damit um? Also du hast gesagt, du übst jetzt natürlich noch Technik, damit das einfach noch besser geht. Aber wenn du dann in der Situation bist, machst du irgendwas, um dich zu beruhigen, um runterzukommen und dein Stresslevel zu senken?

Nein, nichts Bestimmtes. Ich werde dann auch nicht unruhig, sondern da bleibe ich auch relativ unaufgeregt und ich werde halt einfach damit fertig. Das ist aber, denke ich, auch dem hohen Volumen an Flugstunden zuzuschreiben, dass man da einfach besser handeln kann.

 

Woran machst du es für dich fest, dass du noch auf der sicheren Seite  in der Luft bist? Denn manchmal ändern sich ja die Flugbedingungen doch schnell und gerade auch im Wettbewerb ist ja dann auch oft so dieser Lemming-Effekt da und das Wetter schlägt irgendwie um, ist nicht mehr ganz so gut. Und woran machst du es dann für dich fest, okay, jetzt kann ich noch fliegen oder jetzt sollte ich lieber landen gehen. 

Ja, das ist unterschiedlich, aber die Entscheidung treffe ich eigentlich immer für mich. Und in der Vergangenheit habe ich die auch teilweise ganz krass konträr zu den anderen getroffen. Also ich kann mich erinnern, an meiner ersten WM 2013 bin ich als einer von zwei nicht gestartet, weil mir einfach die Wolke, die sich quer über dem Tal aufgebaut hat, war mir nicht mehr geheuer. Und war dann tatsächlich eine blöde Entscheidung, weil ich dann in den ewig langen Sessellift saß und die Blitze einen Kilometer entfernt eingeschlagen sind. Das war dann eigentlich die blöde Entscheidung. Aber nee, das kann man nicht immer annehmen, die Fliegerei ist ja nicht immer Schwarz oder Weiß. Aber ich versuche halt, dass sich sicher für mich bin und dass die Entscheidungen dem Entsprechen. 

 

Machst du auch Mentales Training oder machst du das inzwischen gar nicht mehr? 

Ich denke nicht wirklich, nein. Also ich habe da keine speziellen Techniken.

 

Also manche bereiten sich ja, ich weiß vom Ferdi weiß und vom Philipp glaube ich auch, dass die manchmal auch mit Condor spielen, gerade jetzt im Winter, um sich dann vielleicht auch bestimmte Fluggebiete anzuschauen. Nutzt du Condor, um dich vorzubereiten auf Fliegen?

Nein, ich habe mir extra einen Computer ohne Grafikkarte gekauft oder einen Laptop, damit ich nicht in die Versuchung komme, wieder Computerspiele anzufangen, denn sonst wird es mit der Zeit wirklich knapp.

 

Das ist dann auch immer die Gefahr, dass dann solche Programme einen einfach in den Bann ziehen und man dann da zu viel Zeit verbringt, ja. Welchen Tipp könntest du den Anfängern geben, die mal gerne in das Wettbewerbsfliegen reinschnuppern oder mit einsteigen wollen? Wie sollten die anfangen? 

Ja, wenn man das mal ausprobieren will, dann einfach Wettbewerbe aussuchen in Fluggebieten, die einen interessieren. Vielleicht nicht nur einen Wettbewerb aussuchen, weil dann kann man auch mehr Pech beim Wetter haben und dann ist das Jahr schnell vorbei, wenn man sich nur einen ausgesucht hat und dann ist genau da Schlechtwetter. Also man kann auch kürzere Wochenendwettbewerbe oder so mal ausprobieren, wo man einfach hinfährt, wenn das Wetter gut ist. 

 

Sich also einfach mal sagen, okay, dieses Jahr probiere ich mal Wettbewerbsfliegen und sich dann einfach mal mehrere aussuchen und sich einfach mal das Jahr geben, ja, um das mal zu testen. Welche Ausrüstung würdest du einem Anfänger empfehlen? 

Die, die er gewohnt ist.

 

Die, die er gewohnt ist, also nicht gleich auf dem Wettbewerbsschirm zu wechseln?

Nee, einfach mit der Ausrüstung, mit der er gut klarkommt und genau, weil da gibt es dann so viele neue Sachen da, also das reicht dann schon.

 

Von meiner Seite hätte ich jetzt im Prinzip alle Fragen, die ich mir so notiert hatte. Hast du noch irgendwas, wo du sagen würdest, das muss jemand, der vielleicht anfängt oder der auch mal Wettbewerbsfliegen will, unbedingt beachten soll oder was du noch ergänzen möchtest?

Ja, ich finde es für mich einfach wichtig, dass man sich vielleicht nicht nur, aber das weiß ja jeder anders, auf eine Sache, wie jetzt Wettbewerbe fliegen oder nur dies, nur das. Also es gibt ja, das Fliegen ist ja, wie soll ich sagen, sehr vielfältig und das ist, für mich ist es wichtig, einfach auch verschiedene Aspekte, sei es Hike and Fly, sei es Fliegen mit meiner Frau, ein bisschen Biwak fliegen oder einfach nur mal so fliegen. Weil das hilft mir sehr meine Motivation zu behalten. 

Und auch den Spaß zu behalten einfach vielseitig ausprobieren.

 

Ja, super danke dir Martin danke für deine Zeit und ich denke da war jetzt einiges dabei was für andere auch interessant sein könnte. vielen Dank!

  

Kleine Ergänzung:

Obwohl Martin sagt, dass er kein Mentales Training macht, ist doch auffällig, dass er Ansätze aus dem Mentalen Training anwendet. Vielleicht macht er das ganz intuitiv. So berichtet er davon, dass er sich selbst im Wettbewerb sagt er gehe Fliegen mit Freunden, um sein Konkurrenzdenken in den Griff zu bekommen. Dieser Satz hilft ihn gelassener zu sein und die Bärte voll auszunutzen. 

Er hat auch berichtet, dass er auf dem Weg nach Greifenburg zu sich gesagt hat „jetzt habe ich den ganzen Blödsinn probiert, jetzt kann ich mich zusammenreißen und konzentriert fliegen“. Das ist eine Technik der Selbstgesprächsregulation, die im Mentalen Training gerne angewendet wird. 

Aus meiner Sicht denke ich, dass sich Martin schon sehr intensiv mit seinem Mindset, also dem Mentalen Training, auseinandergesetzt hat, oder was denkst du, schreib mir gerne. 

 


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Letzte Änderung am Donnerstag, 21 Dezember 2023 15:59
Yvonne Dathe

Psychologin (M.Sc.) • Dipl. Betriebswirtin • Gleitschirm-Fluglehrerin

Seit 1994 fliegt Yvonne leidenschaftlich mit dem Gleitschirm. Sie schreibt über das Fliegen, das ACTive Leben und bietet psychologische Beratung an: Mentales Training • Stressige Situationen und Krisen meistern. Ihr Motto ist "Mit Lebensfreude Grenzen überfliegen!"

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