Mit Lebensfreude Grenzen überfliegen...

Donnerstag, 03 August 2023 18:37

Interview Gleitschirmpilotin Karin Koch

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Karin Koch Karin Koch Karin Koch

Karin Koch fliegt seit 1995 Gleitschirm, hat zwei Söhne und diverse Herausforderungen im Alltag. Sie berichtet, wie ihr das Mentale Training beim Fliegen geholfen hat und wie es ihr gelang nach einer längeren Flugpause, wieder den Einstieg in das Gleitschirmfliegen zu finden Ich wünsche dir viel Spaß beim Anhören.

 Hör dir das Interview als Podcast an:

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Hier das Transkript vom Interview mit Karin Koch zum nachlesen:

 

Hallo Karin. Danke, dass du dir Zeit nimmst für ein Interview mit mir. Mich würde gleich mal interessieren, wie du eigentlich zum Fliegen gekommen bist und was deine Anfänge waren? 

 

Das war ziemlich zufällig, oder eben auch nicht. Ich habe eine Jugendleiterausbildung gemacht und der Leiter dieser Ausbildung ist selber geflogen und hat die ganze Woche vom Fliegen geschwärmt, wie toll das sei. Er hat dann angeboten, dass er einen Grundkurs organisiert für die Interessierten. Wir  waren dann glatt zu fünft oder so, die diesen Schnupperkurs gemacht haben. Als ich dann einen Tandemflug machen konnte war es um mich geschehen, da dachte ich „ja, das muss ich machen“.

 

Du bist tatsächlich über einen Tandemflug zum Gleitschirmfliegen gekommen nach dem Grundkurs?

 

Ja, das war wirklich so. Ich war immer unsicher, „ will ich weitermachen oder nicht“ und mit dem Flug war dann eindeutig, „doch, das will ich machen“.

 

War das dann gleich ein Thermikflug oder war das einfach ein Abgleiter?

 

Es war ein Abgleiter. 

 

Aber trotzdem so faszinierend?

 

Ja genau, von daher eigentlich gar nichts Spezielles, aber einfach das Erlebnis war toll.

 

Wann war das, wie lange ist das schon her?

 

Das war im  Frühling 1995.

 

1995, eine lange Zeit. Was waren denn da, in dieser doch schon längeren Zeit, deine schönsten Flugmomente? Kannst du das sagen?

 

Das ist schwierig. Also ich hatte so viele schöne Flugerlebnisse.Das konnte mal einfach ein ruhiger Abgleiter sein, „so einfach alles hängen lassen und Seele baumeln lassen, so was Ruhiges“. Etwas ganz Imposantes war mal im Wallis, als wir über Aletschgletscher geflogen sind und da wirklich bei den 4000 rumgeflogen sind, das war auch sehr sehr eindrücklich.

 

Deswegen auch das Bild bei dir im Hintergrund?

 

Ja genau, das war da.

 

Es sieht auch aus, als ob das in einem Wettbewerb gewesen ist?

 

Ja, das war in einer Schweizer Meisterschaft.  Allein wäre ich da nicht über den Aletschgletscher und so geflogen. Das war so gemeinsam die Motivation und auch ein Stück weit das Vertrauen, dass man da drüber fliegen kann.

 

Du bist jetzt nicht so die super ambitionierte Wettbewerbs- oder Streckenflug Piloten, aber trotzdem haben wir uns in einen mentalen Training kennengelernt, das ich mal gegeben habe.

Was war denn für dich so der ausschlaggebende Punkt an dem Training überhaupt teilzunehmen?

 

Ich merkte, dass ich immer wieder irgendwo anstand. Dass ich so Dinge hatte, bei denen ich vielleicht auch kein Selbstvertrauen hatte. Also der Rückwärtsstart war so ein ganz großes Thema, das ich mir nie zutraute. Ich habe dann von deinem Buch gehört, habe dein Buch gelesen und dann hat es mich sehr fasziniert, mich ein bisschen mit dem auseinanderzusetzen und mich auch den Dingen zu stellen, die ich mir eigentlich nicht zutraue.

 

Und hat dann das mentale Training dir geholfen dir rückwärts zuzutrauen?

 

Definitiv, mittlerweile denke ich „Mist kein Wind, ich muss vorwärts starten“. Ich habe viele so kleinere Krisen damit überwinden können und bin mit Vielem weitergekommen.

 

Was für kleinere Krisen waren das oder sind das, die immer mal wieder kommen?

 

Manchmal sind das so Unsicherheiten. Zu Beginn war so die Unsicherheit mal weg zu fliegen vom Hausberg und ein bisschen weiter irgendwo außen zu landen. Das ist mittlerweile überhaupt kein Thema mehr. Eher eine Selbstverständlichkeit. Oder auch so bei anspruchsvolleren Startbedingungen, wenn der Wind nicht so passt oder wenn viele Leute da sind. Die Leute, die realisiere ich mittlerweile gar nicht mehr wenn ich am starten bin, das kann ich dann wirklich ausschalten.

 

Du hast das wirklich gelernt, das auszuschalten und dich zu fokussieren auf das, was jetzt wichtig ist?

 

Ja genau.

 

Wie gelingt dir das? Was ist das was dir besonders hilft?

 

Ich habe so ganz viele kleine Tipps bekommen. Beim Starten kann ich das jetzt gar nicht genau sagen, aber so in der Luft, da denke ich an den Vier-Punkte-Checkt, von dem du mal erzählt hast. Das hat mir wirklich geholfen, wenn ich merke „jetzt bin ich so irgendwie angespannt und kann nicht mehr klar denken“, dass ich da so diesen Vier-Punkte -Check mache und dann 

merke ich, dass ich wieder freier werde.

 

Meinst du den Cross-Check?

 

 Ja genau, den meine ich.

 

Bei dem Cross-Check wandert man die Aufmerksamkeit von innen eng zu außen weit.

 

Ja genau.

 

Um dann wieder ins Hier und Jetzt zurückzukommen

 

Genau.

 

Hast du immer noch Herausforderung? Du hast gesagt, dass das rückwärts aufziehen dir jetzt nicht mehr so viel aus macht und du kannst auch mehr beim Fliegen im Hier und Jetzt sein. Aber gibt es immer noch so kleinere Herausforderungen, die dich fordern?

 

Ja.

Thermikfliegen hat mir letztes Jahr irgendwie so einen Dämpfer gegeben, also dass ich plötzlich Angst hatte beim Thermikfliegen und da taste ich mich jetzt immer so langsam vor. Wobei ich mir dann auch sage „ich ziehe jetzt mal ein bisschen durch und halte mal ein bisschen aus“ und dann merke ich plötzlich, dass es ja geht und das es gut geht. Das sind so ganz kleine Schritte. 

 

Aber bis letztes Jahr war das ja kein Problem. Gab es irgendwie einen Auslöser dafür? Oder was ist der Grund, dass es auf einmal ein Problem ist?

 

Also der Auslöser lag eigentlich weiter zurück, aber das Ganze ist erst später gekommen. Es war ein Sicherheitstraining, bei dem ich mich nicht gut gefühlt habe und dann ohne Selbstvertrauen und ohne Vertrauen in den Schirm nach Hause kam. Was eigentlich das Gegenteil von dem war, was ich erwartet hatte. 

 

Du wolltest mehr Vertrauen, mehr Sicherheit und genau das Gegenteil war dann der Fall.

 

Genau, aber jetzt habe ich auch einen neuen Schirm. Mit dem fühle ich mich auch viel wohler. Beim anderen war ich dann auch vom Gewicht her nicht mehr so gut drin und ich spürte nicht mehr so richtig, was er macht.

 

Ja, das ist auch immer wichtig, dass die Ausrüstung auch wirklich zu einem passt. Ich merke das dann immer beim Tandemfliegen. Wenn ich leichte Passagiere habe und ich dann eigentlich im unteren Limit bin, wie weich und schwammig dann alles ist. Wenn dann wieder das Gewicht im oberen Drittel ist oder auf jeden Fall über der Hälfte, dann fühlt sich das halt gleich viel kompakter an und das ist ja beim Solofliegen genau so.

 

Ja.

 

Helfen dir die Methoden, die du im mentalen Training mitgenommen hast, auch vielleicht in anderen Lebensbereichen oder beschränkt sich das einfach nur auf das Gleitschirmfliegen?

 

Nein, das hat sich schon auf viele Bereiche übertragen. Die Achtsamkeit ist ein großes Thema, bei dem ich merke „ich nehme Vieles viel bewusster war“ und kann mich auch an kleinen Dingen dann „wie so eine Art festhalten“ was mir wieder Kraft gibt. Und auch die Zielsetzung, wo ja auch dein Buch drüber handelt, ein Ziel zu formulieren, das lebe ich auch im Alltag.Das bringt mir da sehr viel, mich immer wieder mit meinem Ziel zu konfrontieren.

 

Welche Ziele hast du denn beim Fliegen?

 

„Ich fliege mit Freude und habe Vertrauen“.

 

Ah, sehr schön. Das ist ein schönes Haltungsziel, das dich dann begleitet, um wieder Sicherheit zu kriegen, damit du wieder über den Aletschgletscher kommen kannst.

 

Genau.

 

Du gehst ja oft nicht nur alleine fliegen, sondern machst ja auch gerne mit deinen Söhnen zusammen Flugausflüge, die ja auch beide fliegen. Das ist ja so die Wunschvorstellung, glaube ich, von vielen Eltern, das sie gerne mit ihren Kindern zum Gleitschirmfliegen gehen möchten. Wie ist es bei dir, ist das gut oder ist es manchmal auch schwierig mit den Söhnen zum Fliegen zu gehen?

 

Also wir gehen gemeinsam zum Startplatz. Und dann trennen sich unsere Wege schnell mal. Mein Ältere, der fliegt so gut, da kann ich gerade wieder einpacken. Aber es ist einfach schön gemeinsam zu gehen und ja, je nachdem, auch am Abend vorher noch ein bisschen das Gebiet zu besprechen oder so und dann bin ich halt meistens relativ bald am Boden. Was für mich dann auch okay ist und dann schaue ich manchmal noch ins live Tracking und fiebere mit,  was er da alles macht und ich finde es auch spannend zu sehen wo er durchgeflogen ist und so, ja. Und der Jüngere, der kommt nicht so viel zum Fliegen, weil er studiert und kaum Zeit hat. Das ist dann meist im Urlaub. Mit ihm fliege ich dann eher zusammen und das ist schon auch toll. Also wir hatten auch schon so Schläuche, in denen wir Minuten lang miteinander auf gleicher Höhe gedreht haben.

 

Hast du das Gefühl, dass ihr gegenseitig voneinander profitiert, dass ihr euch gegenseitig unterstützt und austauschen könnt über das Fliegen?

 

Also ich vom Älteren sicher. Aber ich denke, dass ist eher einseitige.

 

Also Du profitierst von deinem Sohn?

 

Genau.

Vielleicht profitiert er  von mir, das ich ihm irgendwelches Talent mitgegeben habe, was er alles mitgenommen hat.

 

Aber vielleicht profitiert er ja auch. Er arbeitet ja als Fluglehrer und wenn er dir was mit gibt, dann lernt er vielleicht auch dir komplexe Zusammenhänge zu erklären, die er dann vielleicht auch seinen Schüler:innen wieder mitgeben kann. 

 

Ja, und ich denke, es ist schön zu sehen für ihn, wenn irgendetwas funktioniert bei mir wenn wir etwas besprochen haben und das ist sicher dann auch ein Erfolg für ihn.

 

Was du ihm auf jeden Fall mitgegeben hast ist die Begeisterung fürs Fliegen. Also ohne dich wäre er ja vielleicht gar nicht zum Fliegen gekommen.

 

Wahrscheinlich nicht. 

 

Genau. Du fliegst ja schon länger als er auf der Welt ist.

 

Genau. Wobei ich 13 Jahre pausiert habe.

 

 Wegen der Kinder?

 

Weil ich zu wenig dazu gekommen bin. Als ich mit dem Zweiten schwanger war habe ich aufgehört, weil ich einfach gesagt habe „es wird mir zu gefährlich wenn ich so wenig zum Fliegen komme“.

 

Ich glaube das ist ein Thema, was viele Frauen beim Fliegen haben, wenn sie dann Kinder kriegen, das einfach die Zeit fehlt um Fliegen zu gehen. Wie war das dann für dich, als du wieder angefangen hast nach dieser 13-jährigen Paus? Das ja doch eine lange Zeit. Hast du dann so einen Wiedereinsteigerkurs gemacht oder wie war das?

 

Ja,  ich ging wieder einen Tag an den Übungshang. Ich war wirklich mit den Anfänger:innen da und war erstaunt, wie Vieles da eigentlich noch noch da war, also präsent war. Und das Material wurde natürlich viel viel einfacher, also das Starten war um Welten einfacher mit den neuen Schirmen und dann so drei vier Höhenflügen hatte ich das Gefühl „ja, ich fühle mich wirklich wieder wohl“. Ich bin da noch mit Funkunterstützung geflogen. So nach zehn Flügen hatte ich das Gefühl, „ doch jetzt ist gut“. Also war ich erstaunt, wie schnell das wieder kam nach dieser Zeit.

 

Also fast wie Fahrradfahren?

 

Ja,vielleicht. Vielleicht nicht ganz.

Nein, ich denke, es liegt viel daran, dass das Material deutlich einfacher geworden ist.

 

Genau, es ist einfacher geworden, finde ich auch. Aber hast du den Eindruck, dass es vielleicht auch teilweise dann so eine Scheinsicherheit vermittelt wird durch das einfachere Material im Gegensatz zu früher? 

 

Also einfacher würde ich sagen einfach in Bezug auf das Starten. Sonst in der Luft bin früher kaum Thermik geflogen und so. Von daher kann ich nicht viel sagen zu mir persönlich. Ich denke grundsätzlich, die Entwicklung ist wahrscheinlich schon, dass  jetzt immer eher höher klassifizierte Schirme geflogen werden, weil sie irgendwo noch in eine Kategorie reingedrückt werden. Aber das ist bei mir kein Thema, ich habe eine eh keine Ambitionen auf einen höherklassifizierten Schirm.

 

Aber ambitioniert bist du ja schon, du gehst ja auf Wettbewerben, du bist auch als Unterstützerin auf Wettbewerben mit dabei. Da trifft man dich ja immer wieder. Was macht für dich so die Faszination des Wettbewerbsfliegens aus, obwohl du jetzt nicht unbedingt vorne rein fliegen möchtest?

 

Es  ist das Miteinander mit diesen Piloten, die Stimmung, die gemeinsame Freude an diesem Sport und der Natur und es ist schon motivierend auch gemeinsam zu fliegen. Also wo ich dann eher weiter und länger Fliege als wenn ich jetzt alleine fliegen würde. Und auch nachher, wenn man gelandet ist sich auszutauschen und so, ist toll.

 

Glaubst du auch, dass das schon eine Lernerfahrung ist? Wenn ich jetzt das Bild hinter dir vom Aletschgletscher sehe, du hast gesagt „ohne den Wettbewerb wärst du gar nicht so hoch geflogen“. Also lernst du auch was? Nimmst du da viel mit?

 

Ich habe extrem viel gelernt. Ich bin ja immer die Wettbewerbe mitgeflogen mit der Einstellung „ich werde Letzte“ aber „ich gehe um etwas zu lernen“. Ich wurde selten Letzte, aber ich bin nie weit gekommen. Ich finde schon, so mit den ganzen Briefings und Debrifings zu sehen „wie fliegen die anderen und wo fliegen sie durch“, da habe ich extrem viel gelernt und ich habe es vielleicht im Moment gar nicht so realisiert aber als ich dann mit einer anderen Gruppe mal unterwegs war und wer darf Strecke gehen habe ich gemerkt, ich habe nicht mehr so hoch aufgedreht,bin früher weggeflogen, weil ich wusste „das geht“. Oder bei einer Wolkenstraße, „ja die trägt, da kann ich einfach weiterziehen“. Ja, ich habe viel profitiert.

 

Das macht es auch einfacher. Sage ich meinem Wettbewerb in Anführungsstrichen einfacher, weil wie du sagst, man sieht dann „okay da geht's, da geht's nicht“. Also die Luft wird irgendwo ein bisschen sichtbarer.

 

Ja genau.

 

Was sind denn so deine fliegerischen Ziele jetzt noch dieses Jahr? Was hast du so vor?

 

 Ja, das Vertrauen zurückzugewinnen, ist mein größtes Ziel. Ja, entspannter fliegen zu können. 

 

Wie schaut da dein Plan dafür aus, dass dir das gelingt?

 

Oft ist es so, also ich starte, dann bin ich mal im Startschlauch und dann ist so die Frage „wie gehe ich weiter?“. Da  gehe ich jetzt so Stück für Stück weiter, ich sage „okay, ich gehe jetzt noch nicht landen,  ich probiere es noch dort drüben oder das ich mir sowas wie kleine Streckenziele setze, wo ich nochmals aufdrehen will und nicht sofort landen gehe. Im Frühjahr hatte ich so das Ziel, gewisse Strecken zu fliegen, bei denen ich jetzt gesagt habe, „nee, das setzt mich zu fest unter Druck, ich will mich jetzt wirklich wohl fühlen und ein bisschen durchhalten. Ich denke, dass ist auch nicht so „nach noch drei Kreisen denken, okay jetzt habe ich aufgedreht, gehe ich weiter so“. Ja, jetzt dreh ich in diesem Schlauch noch ein bisschen länger. 

 

Nimmst du dir dann so ein Zeitziel, das du sagst „okay, also mindestens eine halbe Stunde“ oder nimmst du dir wirklich so eine Streckenziel, das du sagst „okay, ich will bis zu dem und dem Berg kommen und wieder zurück“.

 

Je nachdem, also es gibt beide. Ich war letztens auch bei unserem örtlichen Berg und da habe ich gesagt „ich will eine Stunde fliegen“. Das  habe ich deswegen auch so durchgezogen. 

 

Und ist es dann nicht so, also ich stelle mir jetzt gerade vor, „okay, da ist es jetzt mit Streckenfliegen schwieriger“, wenn ich jetzt so das Ziel habe, eine Stunde durchzuhalten, dass ich dann vielleicht so auf mein Vario schauen und die Uhr fixiere und dann denkt „ah okay jetzt noch 50 Minuten“, „jetzt noch 45 Minuten“ und dann so runter zähle und mich dann total freuen „jetzt habe ich die Stunde, jetzt kann ich landen gehen“. Oder wie ist das dann bei dir?

 

Dafür genieße ich die Natur viel zu sehr. 

 

Okay, du fixierst dich dann nicht, du schaust dich dann schon auch außen um? 

 

Ja, also grundsätzlich schaue ich sehr sehr wenig auf die Instrumente, das ist mir auch ein in einem Wettbewerb schon zum Verhängnis geworden, als ich eine Boje verpasst habe, weil ich so glücklich war, das ich jetzt endlich die Höhe habe und dann weiter geflogen bin und dann irgendwann so gemerkt habe „da stimmt ja was nicht“. Nein, für mich ist der Genuss der Natur und die Aussicht ein sehr großes Thema. Und wenn ich nur noch auf die Instrumente schauen würde,  dann wird für mich nicht mehr passen. 

 

Ja,  das ist ja auch das wahrscheinlich, weshalb die meisten von uns angefangen haben zu fliegen. Weil wir einfach in der Natur sein wollen und wenn du das genießen kannst, dann hast du ja dein oberstes Ziel auf jeden Fall schon erreicht. Ob da jetzt die Boje drin ist oder nicht. Machst du eigentlich auch Akroflüge oder übst du das manchmal?

 

Nee.

 

Aber ground handling?

 

Das schon, ja. Also Akro ist bei mir so das Thema, mir wird sehr schnell übel und da habe ich so Respekt vor dem Akrofliegen. Wobei das jetzt auch so ein Thema ist, dass ich mit meinem Sohn schon viel diskutiert habe, nämlich so die schlechte Erfahrung mit dem Sicherheitstraining. Also auch die Überlegung, „soll ich wieder eins machen oder nicht?“. Ich denk, so grundsätzlich wäre es gut, aber in mir sperrt sich alles und dann hat er mir auch schon vorgeschlagen, ein bisschen Akro wäre vielleicht eine andere Variante, aber da kann ich mich noch nicht dafür begeistern. 

 

Ich denke, die Frage ist auch, also ich habe jetzt heute auch noch mal das Interview mit ein Pál Takáts angehört und der schwärmt ja vom Akrobatikfliegen. Es geht aber bei ihm ja nicht so sehr beim Akrobatikfiegen um irgendwelche tamblings oder wilden Manöver, sondern es geht ja um toplanden  und so was und das ja eigentlich dann auch Flugtechnik und weniger Akrobatik und diese Flugtechnik ist ja schon was, was auch Streckenpiloten weiterbringen kann, denke ich. 

 

Es ist auch da ein Stück Sicherheit, oder?

 

Ja genau. Und das dann halt auch im Sicherheitstraining zu üben, vielleicht auch mental, vielleicht  beides zusammen.

 

Es ist noch Potential da.

Ich weiß nicht, ob du Bewegungsabläufe mental trainierst? Welche Erfahrungen du damit gemacht hast? Aber grundsätzlich ist es ja so, mentales Training ersetzt ja nicht praktisches Training, also praktisches Training muss ja trotzdem sein. Aber mit mentalem Training kann man  in flugfreien Zeiten sich doch weiterentwickeln und verbessern. Wie machst du das,  trainierst du Bewegungsabläufe auch mental?

 

Also jetzt aktuell nicht, aber als ich da das mit dem Rückwärtsstart so begonnen habe, da habe ich das sehr oft mental durchgespielt. 

 

Und das hat dir dann auch geholfen?

 

Ja, da hatte ich das Gefühl hatte, das ist so wie automatisiert. Du hattest vorhin gefragt wegen ground handling. Also es ist bei mir ein bisschen schwierig, aber wenn ich irgendwo Gelegenheit habe, auf jeden Fall und ich war jetzt auch das zweite Mal im Frühjahr eine Woche in einem Training mit Groundhandling und das hat mir extrem viel Sicherheit und eben auch wieder Selbstvertrauen gegeben. Ich  denke, das ist auch ein Grund, dass ich jetzt mittlerweile beim Starten so entspannt bin, auch wenn  die Bedingungen nicht ganz so einfach sind.

 

Ja, ich glaube, das ist auch das A und O, weil der Start ist, das sage ich mal, oder sollte, das erste positive Erlebnis des Fluges sein und wenn ich da einfach schon mal Sicherheit habe, dann geht es schon mal gut los. Man kann ja auch viele Manöver am Boden üben, wo man gar nicht erst in die Luft muss, aber man kann ja üben den Schirm abzureißen. Wo ist der Punkt, an dem der Schirm zum Abreißen beginnt, das alles kann ich auch am Boden üben. Dazu  muss ich ja noch gar nicht in der Luft sein.

 

Ja genau .

 

Was würdest denn du Anfänger:innen empfehlen, die wie du berufstätig sind, eine Familie haben und jetzt das Fliegen als Leidenschaft für sich entdeckt haben? Wie ist es am besten möglich, das alles irgendwie unter einen Hut zu bekommen?

 

Hm, kommt auf das Alter der Kinder an. Das war bei mir einfach, als ich wieder eingestiegen bin, da waren sie schon so alt, dass sie auch mal einen Tag alleine sein konnten. Ich denke, das Wichtigste ist wirklich, sich irgendwie so zu organisieren, dass man regelmäßig daran bleiben kann. Wie auch immer das geht, ob man gemeinsam in einen Fluggebiet geht als Familie und jemand kann noch fliegen gehen und die Familie macht etwas anderes. Ja, ich denke wirklich, das Wichtigste ist einfach „dran bleiben“. Als mein älterer Sohn mit dem Fliegen beginnen wollte, habe ich ihm gesagt „es macht erst Sinn, wenn das bei dir Priorität Nummer eins ist“. Und das würde ich eigentlich allen sagen. Also wenn man mit fliegen beginnen, will dann „erste Priorität, bei Flugwetter wird einfach geflogen“.

 

Und das hat dein älterer Sohn auch gut umgesetzt.

 

Er brauchte ungefähr ein Jahr, bis er sich dafür entschieden hat, aber dann hat es geklappt.

 

Ich glaube auch, dass das ein guter Tipp ist, weil ich glaube, gerade am Anfang ist es wichtig, dass wir einfach fliegen, fliegen, fliegen, fliegen, ganz viel fliegen. Wenn man dann schon ein bisschen Routine hat, dann ist vielleicht nicht mehr ganz so schlimm, wenn dann die Pause ein bisschen länger wird,  aber dann halt auch wieder üben, üben, üben.

 

Wir haben viel Urlaub gemacht, wo es die Möglichkeit gab noch zu fliegen. Oder Skiurlaub: morgens auf die Piste, nachmittags fliegen, so ein bisschen kombiniert.

  

Das ist ja in der Schweiz auch ideal, ihr habt da ja gut Voraussetzungen.

Sehr schön. Dann war es das eigentlich schon von meiner Seite. Hast du vielleicht noch irgendwie einen Tipp, den du gerne anderen sagen möchtest oder so ein Abschlusswort.

 

Ich würde einfach sagen, „die Freude am Fliegen suchen, also schauen, was bereitet mir Freude am Fliegen und an dem festhalten“.

 

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast und ich wünsche dir, dass du viel Vertrauen in deine fliegerischen Fähigkeiten zurück gewinnst und wieder ganz, ganz viele schöne Flüge hast.

 


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Letzte Änderung am Samstag, 05 August 2023 11:12
Yvonne Dathe

Psychologin (M.Sc.) • Dipl. Betriebswirtin • Gleitschirm-Fluglehrerin

Seit 1994 fliegt Yvonne leidenschaftlich mit dem Gleitschirm. Sie schreibt über das Fliegen, das ACTive Leben und bietet psychologische Beratung an: Mentales Training • Stressige Situationen und Krisen meistern. Ihr Motto ist "Mit Lebensfreude Grenzen überfliegen!"

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