Gabi Fonck ist Akro-Weltmeisterin 2021 und gewann 2023 die Acro World Tour. Mit ihr habe ich mich unterhalten, wie sie sich auf neue Flugmanöver vorbereitet.
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Transkript des Interviews mit Gabi Fonck:
Ich habe dich in Ölüdeniz getroffen. Wie oft und wie lange im Jahr bist du in Ölüdeniz?
Am Anfang war ich nicht so oft hier, eigentlich immer einmal im Jahr und dann für zwei Wochen oder so. Und seit letztem Jahr bin ich recht viel hier, da war ich dann im Frühling und im Herbst hier für jeweils zweieinhalb Monate. Inzwischen ist Ölüdeniz fast wie eine zweite Heimat für mich geworden.
Seit wann fliegst du denn überhaupt Gleitschirm?
Ich habe seit 2011 meinen Schein. Ich hatte dein Schein einfach so neben meinem Studium gemacht und bin anschließend fast zwei Jahre nicht geflogen. Danach entschied ich mich wieder für das Fliegen, was sofort wieder schön war. Seit 2013 fliege ich nun kontinuierlich.
Und wie bist du zum Gleitschirmfliegen gekommen? Ich meine, du lebtest ursprünglich in Nordrhein-Westfalen, das ist nicht unbedingt die typische Gleitschirmregion. Wie bist du zum Gleitschirmfliegen gekommen?
Durch meinen Ex-Verlobten bin ich zum Gleitschirmfliegen gekommen. Ein Freund von ihm machte im Stubaital seinen Schein. Dadurch hatte er die Idee, das auch machen zu wollen und dann haben wir uns entschieden, okay, wir machen beide die Ausbildung. Ich dachte, wenn dann möchte ich das auch machen.
Das mit dem Verlobten hat sich irgendwann erledigt, aber das Gleitschirmfliegen ist geblieben.
Dann hatte das ganze ja was Gutes. Aber du bist dann, glaube ich, auch umgezogen, als du für dich das Gleitschirmfliegen so richtig entdeckt hast, oder?
Ja, genau, ich war in der Hotellerie tätig. Ich arbeitete in England und hatte sogar meinen Gleitschirm dabei, aber ich bin dort nie zum Fliegen gekommen. Dann habe ich auf der Landkarte geschaut und gesagt, okay, jetzt will ich meine Arbeit und einen Berg, einen hohen Berg. Ich bin dann ins Engadin zum Arbeiten.
Das war auf jeden Fall eine lehrreiche Sache. Für Anfänger kann das Engadin nicht so einfach sein. Im Sommer können die Thermen stark sein und die Landeplätze sind auch nicht so ganz einfach. Das Engadin ist hochalpines Gelände. Die Basis ist oft super hoch und das Tal ist Ost-West ausreicht und föhnanfällig.
Ich war und bin eher vorsichtig unterwegs und so bin ich auch im Engadin klar gekommen.
Wenn ich sehe, was du für Akro-Figuren fliegst, du bist Weltmeisterin im Akrobatik-Fliegen, dann ist das mit dem vorsichtig sein schwer zu glauben. Welche Vorsichtsmaßnahmen machst du, dass du sagst, okay, das ist sicher oder du bist eher auf der vorsichtigen Seite?
Ich versuche nicht immer so emotional ans Fliegen zu gehen. Manche wollen einfach gleich fliegen gehen, gehen sofort in einem neuen Gebiet in die Luft. Wenn ich in ein neues Gebiet gehe, schaue ich mir vielleicht für eine viertel Stunde den Startplatz an und schaue auch wie der Wind ist und die Bedingungen sind. Speziell, wenn ich eine Pause hatte, wie jetzt nach dem Winter. Wenn ich wenig geflogen bin, dann kann ich nicht gleich mit neuen Tricks anfangen. Manche machen das vielleicht schon, aber ich denke, es bringt mehr erst einmal wieder in das Fliegen rein zu kommen.
Du hattest mir erzählt, Akrobatik-Fliegen ist im Prinzip sicherer als Streckenfliegen, wenn man sich an bestimmte Regeln hält. Was für Regeln sind das, an die man sich halten sollte?
Akrobatik fliegen, glaube ich, ist sicherer als Streckenfliegen, auch wenn ich das nicht extrem gut kenne. Wenn ich meinen Freunden sehe, wie die so auf Strecke gehen, dann habe ich diesen Eindruck. Beim Streckenfliegen bist du oft nah am Hang und du hast nur wenig Luftraum unter dir.
Beim Akrofliegen bist du 900 m oder mehr über Grund und hörst 200 m über Grund mit Manövern auf. Dann hast du einen sicheren Luftraum zum Üben und Trainieren. Das macht vieles gut kalkulierbar. Klar passieren auch mal Dinge, bei denen ich denke „oh, das ist jetzt eine Überraschung“. Aber du hast dann für den Notfall einen Handlungsplan, an dem du dich orientieren kannst.
Du machst dir für verschiedene Situationen Handlungspläne?
Ja, genau, also zum Beispiel bei McTwist weiß man, dass es sein kann eingetwistet zu sein, wenn man zu früh und zu schnell zieht. Wenn es zu spät ist, dann ist der halt einfach, wie soll ich sagen, ohne Energie.
Ich bin eher die Streckenfliegerin. Ich überlege schon immer mal wieder ein paar Akrofiguren zu üben. Es scheitert meistens daran, dass im Winter das Wetter oft schlecht ist und im Sommer, wenn ich dann über dem Gipfel aufdrehe, denke ich „boah, jetzt kann ich die Höhe doch nicht mit irgendwelchen Akrofiguren zerstören. Die Höhe nutze ich doch lieber um die Welt zu entdecken und fliege weg.“ Was ist es, was für dich das Akrobatikfliegen ausmacht? Was fasziniert dich daran?
Im Prinzip mag ich beides. Leider habe ich das Streckenfliegen nicht so viel praktiziert, weil ich im Hotel gearbeitet habe. Der anfängliche Grund zum Akrofliegen kam durch meine Arbeit. Wenn ich Spätschicht hatte, musste ich wieder zurück im Hotel sein.
Wenn ich dann andere Piloten fliegen sah, die Akrobatik geflogen sind, haben mir die Manöver total begeistert. Ich dachte“ Boah, das will auch auch mal ausprobieren!“. Es ist schön, wenn du eine Figur, wie den Helikopter lernst, dann kommt es auch zu Frustration, aber du hältst durch und irgendwann kannst du das wie ein Profi. Dann möchtest du ihn immer schöner machen, wenn es mal nicht so klappt. Ich kann as gar nicht beschreiben, aber es macht spaß und motiviert total.
Ich glaube auch, dass Akrobatikfliegen für Streckenflugpiloten gut ist, um die Schirmbeherrschung zu bekommen. Wenn ich vielleicht mal in eine schwierige Situation komme, dann weiß ich schon mal, was zu tun ist, wenn der Schirm, also ich auf der einen Seite, einfach mal komplett weg ist.
Ja genau, wenn du Akrobatik fliegst, dann ist der Fullstall nichts besonderes mehr. Wenn du den Schirm mal einseitig abreist, weist du auch sofort, was zu tun ist, das gibt Sicherheit.
Wie bereitest du dich auf neue Manöver vor?
Das Gute ist, heute kann man sich halt Videos anschauen. Früher gab es das nicht so viel, das war dann etwas schwieriger. Heute durch Social Media und YouTube kann man sich die Tricks anschauen und analysieren. Zum Beispiel, ich schaue das Video dann 3 mal an: Was macht der Schirm, der Körper, die Hände vom Piloten. Dann habe ich schon eine erste Idee. Gut ist, wenn ich noch jemanden Fragen kann, der das Manöver bereits kann. Das empfehle ich auch immer Anfängern, auch wenn man sich doof fühlt, ist das eigentlich das Beste, was man machen kann. Und natürlich hat jeder eine andere Idee, wie man das fliegt oder einen anderen Style. Aber ich nehme mir dann die Informationen und mache dann selber meinen Trick, also wie ich ihn am besten machen möchte.
Wie sieht denn so eine Akrobatikmeisterschaft aus? Macht ihr nur einen Flug oder macht ihr mehrere Flüge in so einer Meisterschaft und wie wird das dann ausgewertet, werden die Flüge dann addiert oder zählt der beste Durchgang oder wie läuft so ein Wettbewerb ab?
Wir haben halt die verschiedenen Wettbewerbs-Locations und zum Beispiel Brienz, wird jetzt der erste Wettbewerb von den Qualifierern sein. Es sind ungefähr so 30 Leute, die da kommen und wir müssen dann drei Durchgänge machen. Also, drei Runs werden von uns verlangt. Meistens fliegen wir pro Tag einen Run, weil wir machen ja auch diese Raft-Landung, also das Landen auf einem Floß im Wasser. Es wird eine Bodenspirale versucht, um dann auf den Punkt, auf dem Floß zu landen. Das gelingt dann nicht immer und manche landen im Wasser. Danach muss die Ausrüstung erst einmal trocknen und dass dauert ziemlich lang.
Es wird dann bewertet, wie sauber wir die Tricks fliegen und wie gut wir die auch miteinander verbinden. Es ist gewünscht, dass nicht nur oben die schweren Tricks wie Infinity und unten solche wie Helikopter geflogen werden, sondern wir müssen das alles so ein bisschen mixen, dass ein Flow entsteht. Schnelle und langsame Tricks, aber auch einfache mit schwere sollen miteinander kombiniert werden. So entstehe eine Art Tanz in der Luft. Es soll insgesamt für interessant bleiben. Es wird auch bewertet, wie wir uns positionieren. Durch den Wind driften wir ab und das Ende der Kür sollte in der nähe des Floßes sein.
Insgesamt können 100 Prozent erreicht werden. Diese sind aufgeteilt und 40 Prozent Technik, also wie sauber ein Trick geflogen wird, 40 Prozent die Choreografie (schnell und langsam) und 20 Prozent sind die Landung auf dem Floß.
Es zählen alle drei Durchläufe, also diese zwei Minuten. Es wird kein Durchgang gestrichen, wie das vielleicht beim Cross-Country ist sondern alle Durchgänge werden gewertet und addiert.
Kennst du sowas wie Nervosität oder Angst? Vielleicht im Wettbewerb?
Ja, auf jeden Fall. Ich bin extrem nervös, wenn ich Competition fliege. Es ist für mich schwierig, dass ich wieder ruhig werde. Mein Kreislauf ist etwas runter. Wenn ich aber starte, dann bin ich total fokussiert.
Wenn ich rausfliege ist mein Geheimtipp, etwas zuckerhaltiges zu trinken. Weil es dauert manchmal recht lange, bis wir endlich starten können.
Wie überbrückst du diese zwei Stunden, was machst du da in den zwei Stunden, damit du, sag ich mal, dein Erregungsniveau nicht nach oben rausschießt, sondern du dann doch einigermaßen gelassen bleibst oder dann fokussiert an den Start gehst?
Ich laufe gerne etwas rum und unterhalte mich mit anderen oder mache ein Powernap. Ich habe was zu trinken dabei, damit ich nicht so dehydriert bin.
Was ich von dir mitbekommen habe, bist du ja dann auch, das hast du jetzt auch vorhin schon gesagt, wenn du dann in der Luft bist, dann bist du total fokussiert und dann schaffst du es, dich wirklich auf das Fliegen zu konzentrieren und bist dann nicht mehr abgelenkt. Wie schaffst du das, dass du dann da so fokussiert bist?
Keine Ahnung. Ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich das hinkriege. Ich weiß nur, wenn ich rausfliege, denke ich ganz gerne an Leute, die ich gern habe. Also das mache ich immer am meisten. Und ich denke auch, okay, ich habe jetzt trainiert und ich weiß nicht wie gut ich sein werde. Ich möchte der Jury jetzt zeigen, was ich kann und gebe mein bestes.
Das ist vielleicht eines meiner Stärken. Ich weiß auch nicht, weil irgendwie kriege ich das dann hin, dass ich immer recht gut den Run hinkriege. Einmal ist es nicht so gelaufen, das hat mich dann auch komplett aus der Fassung gebracht. - Doch meistens hat es sehr gut geklappt.
Und dann so gedanklich, zack, okay, da ist jetzt ein Fehler passiert, aber okay, jetzt mache ich den nächsten Trick und da dann weitermachen."
Ich denke, ich bin da total mit meinem Schirm, ich gucke meinen Schirm an, und ich denke an den Trick, und ich bin schon so total, ich weiß auch schon den nächsten Trick, ich kann über im Trick machen noch überlegen, wenn ich jetzt zum Beispiel freestyle. Wenn ich improvisieren musste, dann habe ich die Möglichkeit noch zu überlegen, welche Alternativen möglich sind.
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Jetzt ist ja Akrobatikfliegen also in Deutschland nicht so gern gesehen und Tumbling sind ja im Prinzip auch verboten. Du darfst ja nicht so oben drüber laut Luftrecht. Wo trainierst du denn, sage ich mal, Akrobatik? Also jetzt bist du in Ölüdeniz, aber du bist ja nicht das ganze Jahr in Ölüdeniz, sondern wo kannst du denn Akrobatik trainieren?
Meistens trainiere ich in Österreich oder in der Schweiz geübt, zum Beispiel in Interlaken, im Lauterbrunntal, da kann man ganz gut das ganze Jahr sogar fliegen. Manchmal auch in El Hierro. Das mit dem Lavastein ist auch nicht so ganz ohne, aber es ist die schnellste Akrobox auf der Welt, die wir bis jetzt kennen, also du kannst in drei Minuten einfach wieder ganz weit oben sein und dann den nächsten Run machen, wieder zurück und wieder hoch und das geht super schnell. Organya ist natürlich der beste. Hier sind viele Runs möglich. Doch mit dem Wetter wird es dort immer schwieriger. Die Thermiken sind schon heftiger und es ist alles etwas turbulenter auch. Es ist dann schwierig, sich noch neue Tricks beizubringen. Deswegen bin ich jetzt öfter in Olüdeniz als in Organya.
Ja, jetzt bist du viel unterwegs, in der Schweiz, Österreich, Spanien, Türkei, da stellt sich dann schon die Frage, ja wie finanzierst du das alles? Ist ja auch nicht so ganz einfach, so zweieinhalb Monate Ölüdeniz oder drei Monate, da muss man sich ja auch erstmal leisten können. Wie machst du das?
Ich muss sagen, ich habe einfach auch sehr viel Glück, dass ich Freunde habe, die mir auch sehr helfen. Also ich lebe seit zweieinhalb Jahren oder sagen wir mal fast drei sogar wirklich nur aus meinen Ersparnissen. Ich habe aus 15 Jahren Hotelarbeit einiges gespart. Ich lebe sehr sparsam, habe kein eigenes Zuhause. In Ölüdeniz lebe ich bei einem ganz guten Freund, der hat hier eine Wohnung gekauft und ich darf halt mit ihm hier dort leben. Und ich arrangiere mich halt, indem ich halt für ihn die Wohnung sauber halte oder koche oder irgendwie seine Wohnung upgrade mit irgendwelchen tollen Dingen. Hier habe ich die Seilbahnticket bekomme ich aktuell gratis, weil ich hier einen Wettbewerb gewonnen.
Ja, das ist ja das Nächste, also die Seilbahn kostet ja auch noch Geld, also ist ja auch nicht kostenlos, normalerweise. Genau, also das ist ja noch was, was du jetzt auch gerade gesagt hast, so mit der Seilbahn, die kostet ja normalerweise auch noch Geld. Wenn jetzt jemand, du hast sie jetzt gerade erwähnt, diese Liste, wenn dir jemand haben möchte, weil er sagt, ja, ich möchte jetzt auch gerne mit dem Akrofliegen anfangen, kann er dann die Liste von dir anfordern? Bekommt er die von dir?
Ja, natürlich. Die Kriterien, die ich da genommen habe, waren einfach, dass die Höhe hoch genug ist. Wir wollen ja auch nicht nur zwei Tricks fliegen und das war's. Und natürlich kann jeder haben. Ich teile sie gerne.
Wie kann denn derjenige dann Kontakt zu dir aufnehmen? Einfach über Instagram oder gibt es eine andere Möglichkeit?
Ich habe leider keine Internetseite oder so. Natürlich kannst du privat meine E-Mail-Adresse geben oder per Instagram, das ist das Einfachste.
Ich könnte mir vorstellen, also beim Streckenfliegen ist es ja ziemlich schwer, Sponsoren zu finden, aber ich könnte mir jetzt vorstellen, beim Akrobatikfliegen, dass es da vielleicht ein bisschen einfacher ist. Aber du hast jetzt gesagt, du finanzierst dich komplett selber. Das hört sich dann so an, dass es doch nicht so ganz einfach ist mit Sponsoren.
Das ist das Einzige, woran ich mich befassen kann. Ich glaube, es ist nicht so einfach. Ich weiß auch nicht, woran es vielleicht liegt. Vielleicht bin ich auch einfach, wobei ich etwas älter bin als die anderen. Ich hatte auch schon eine Sponsormappe versendet. Doch viele haben kein Interesse an Paranoiden. Meine Sponsoren sind Materialsponsoren, z. B. das Gurtzeug ist gesponsert und der Schirm. Vielleicht bräuchte ich 200.000 Follower auf Instagram haben, vielleicht hilft das dann mal. Aber es ist auch schwer eine gute Balance auf Social Medias zu finden. Zu viel kann einen dann doch runter ziehen.
Also ich würde sagen, wenn wir irgendwie Sponsoring finden wollen für unsere Community, Akro-Community, dann sollen wir ganz viel daran arbeiten erstmal, dass wir überhaupt mehr Medienpräsenz haben. Also fast keiner kennt uns, wir sind einfach nur so ein Trupp von, sagen wir mal, 100 super guten Akropiloten, aber verdienen können wir nicht viel. Es gibt ganz wenige, die in der Community Geld verdienen.
Wie schaffst du es dann doch langfristig motiviert zu bleiben und den Willen aufrechtzuerhalten oder die Motivation aufrechtzuerhalten, dass du ja über einen langen Zeitraum einfach dranbleibst und weitermachst?
Erstmal bleibt halt einfach noch dieses, wenn man dieses ausüben, ausprobieren und schaffen wollen, diese Neugier, die bleibt halt einfach noch. Ich glaube, weil wir ja auch sehen, welche Möglichkeiten wir haben, wollen wir das auch erreichen. Mein Freund Kevin fliegt noch viel extremer als ich. Wenn ich ihn sehe, dann denke ich mir, dass sollte doch auch für mich möglich sein. Letztes Jahr im Oktober habe ich den Twisted Rhythmic gemacht und ich habe gar nicht geglaubt, dass ich das überhaupt mal mache. Und ja, ich bin eigentlich froh, dass das eigentlich alles geht. Also man kann echt, egal in welchem Level man gerade ist, also man kann eigentlich alles erreichen.
Nur so diese Seiten, diesen Satz, den man so ein bisschen hoch pumpt, und da geht man auch nur auf so ein gewisses Level, also nur vielleicht bis so hoch, anstatt herzengrad hoch. Und dann fällt man einfach wieder so runter und dann fliegt man wieder mal normal. Und das macht man aber die ganze Zeit.
Einen Tumbling kann man ganz sicher Lernen. Man muss einfach Schritt für Schritt vorgehen. - Wenn das jemand wissen möchte wie, soll er sich direkt an Gabi wenden…
Für mich hört sich das an, als wenn es dich motiviert, immer was dazuzulernen.
Ja, also der Sport, ich weiß nicht, ob der irgendwie süchtig macht oder so, aber er macht natürlich sehr viel Freude und man ist beim Akrobatik-Fliegen auch sehr im Moment. Ich denke während des Fluges an keine Probleme. Vielleicht ist das auch was Spezielles.
Vielleicht habe ich dadurch einfach auch mal ein Ziel bekommen, was ich machen kann im Leben, aber natürlich müsste ich mal darüber nachdenken, was ich denn noch machen könnte außer Akrobatik-Fliegen. Also es sollte ja auch keine Flucht sein. Es bleibt eins meiner Lieblings-Hobbys und ich schaue aber noch, wie es weitergeht.
Wie viele Flüge im Jahr machst du?
Nicht so viele, ca. 600 Flüge.
Es ist schon eine ganze Menge, also mehr als der Normalpilot, sage ich jetzt mal. Du orientierst dich an Kevin und siehst, okay, der kann noch das und das, und das würde ich vielleicht auch gerne können, den und den Trick. Es ist, glaube ich, beim Akrobatikfliegen schon auch so, dass Männer noch heftigere Tricks machen als die Frauen, aktuell zumindest noch. Aber du hast ja gerade gesagt, alles ist möglich. Also meinst du, dass Frauen einen Nachteil beim Akrobatikfliegen haben?
Ich glaube, wir können das Gleiche fliegen wie die Männer. Ich glaube, was uns vielleicht einfach von unserer Natur aus ein bisschen zurückhält, ist, dass wir vom Kopf her vorsichtiger sind oder irgendwie das Gefühl haben, wir müssen auf uns noch mehr aufpassen, als wir uns vorgestellt haben. Vom körperlichen haben wir vielleicht einen Nachteil. Obwohl es auch leichte männliche Piloten gibt. Ein Beispiel ist zum Beispiel Axel Post, der ist jetzt fast gleich von der Größe und so, er hat vielleicht ein bisschen längere Arme, vielleicht die Körpermasse oder das kann vielleicht ein Hindernis sein. Das habe ich zum Beispiel, wenn man Akro fliegen will, im Tandem gemerkt. Ich kann diesen kaum abreißen.
Als Frau musst du Krafttraining machen, ansonsten muss alles durch Technik ausgeglichen werden. Mit etwas mehr Kraft können manche Manöver leichter durchgeführt werden.
Das könnte schon ein Nachteil sein. Dieses Kraft-Last-Verhältnis, das einfach anders ist bei Männern und Frauen, wo die vielleicht, weiß nicht, ob es ein Vorteil ist oder ein Nachteil sein kann.
Dafür haben Frauen das Gefühl, also das ist ja immer schwierig, wenn man das kategorisiert, aber viele haben ein bisschen mehr Feingefühl. Das beobachte ich zu mindest. So haben beide Geschlechter ihre Vor- und Nachteile.
Gibt es noch irgendwie einen Tipp, was du so zum Abschluss jemanden mit an die Hand geben würdest, der jetzt gerade anfangen möchte mit dem Akrobatikfliegen? Gibt es da irgendwas, wo du sagst, das wäre doch, darauf sollte er unbedingt achten?
Ich finde es wichtig, dass man mit dem Material fliegt, mit dem man sich wohl fühl. Je wohler man sich mit der Ausrüstung fühlt, desto besser fliegt man. Man kann mit seinem A- oder B-Schirm anfangen. Und wenn es dann mit dem Helikopter super gut klappt, dann kann man immer noch auf einen Akroschirm wechseln. Und man sollte sich mit einer Community verbinden. Wer sich mit anderen vernetzt und austauscht, lernt einfach viel schneller. Es ist faszinierend, wie schnell manche Neulinge sich verbessern, da muss ich schauen, dass ich dran bleibe.
Was sind denn deine Ziele noch für dieses Jahr?
Ich war ja inoffiziell eWeltmeisterin in 2021, deswegen habe ich gedacht, warum sollte ich nicht probieren, das dieses Jahr dann offiziell hinzukriegen, weil dieses Jahr wird es auf jeden Fall ein Frauenpodium geben, weil die Regeln sich geändert haben.
Dann ist das angestrebte Ziel, offizielle Weltmeisterin zu werden?
Genau. Dieses Jahr wird es super spannend. Denn es gibt drei Frauen auf einem ähnlichen Level. Ich glaube, das wird vielleicht auch für die Medien interessant, mal schauen.
Ich wünsche dir dafür auf jeden Fall ganz viel Erfolg, dass das klappt und dass du einfach deine Ziele erreichst, die du dir gesteckt hast und weiterhin viel Spaß beim Fliegen hast. Danke dir!
Psychologische Analyse:
Mentale-Vorbereitung neuer Manöver:
Gabi hat im Interview schön beschrieben, wie sie sich mental auf neue Flugmanöver vorbereitet. Eine Mentale Vorbereitung läuft nach H. Eberspächer in fünf Schritten ab:
1. Anweisung:
Gabi beschrieb, wie sie sich zunächst Videos über das Manöver ansieht. Sie sieht sich die Videos mindestens 3 x an. Beim ersten Mal achtet sie auf die Bewegungen des Schirmes, beim zweiten Mal achtet sie auf die Körperposition des Piloten und beim dritten Mal auf die Armbewegungen. Anschließend unterhält sie sich mit Piloten, die das Manöver bereits beherrschen.
2. Beschreibung:
Im nächsten Schritt versucht sie das gesehene und gehörte in ihre eigene Vorstellung zu übertragen. Sie hat nun eine Idee über den Ablauf des Manövers in ihrem Kopf.
3. Verinnerlichen:
Hierüber hat Gabi nichts explizit beschrieben, doch ich bin mir sicher, dass auch sie sich den Ablauf im Kopf immer wieder vorgestellt hat und vielleicht hat sie sich vor dem Start den Ablauf nochmals vorgesprochen. Das wären Wege, um den Ablauf zu verinnerlichen.
4. Knotenpunkte setzen:
Wie Zwischenüberschriften in einem Text lässt sich jeder Ablauf strukturieren, damit wir uns leichter im Ablauf entlanghangeln können und nichts im Prozess vergessen.
5. Visualisieren:
Abläufe können mehrfach wie ein Kinofilm vor dem inneren Auge ablaufen, bis wir ganz sicher im Ablauf sind. Mental können die Abläufe verlangsamt werden, um sich einzelne Details noch besser einzuprägen oder es kann auch „vor- / zurückgespult“ werden, um sich auf bestimmte Aspekte im Ablauf zu fokussieren.
Nach dieser mentalen Vorbereitung geht es darum das Manöver in der Realität umzusetzen. Sollten einzelne Aspekte nicht funktionieren, kann nach dem Flug reflektiert werden, warum bestimmte Dinge nicht geklappt haben. Dafür eignet sich z. B. das Flugbuch für mentale Stärke.
Handlungspläne:
Wenn mal ein Flugmanöver nicht so klappt wie erhofft, hat sie Handlungspläne vorbereitet, die ihr helfen in der Situation gut zu reagieren. Es ist sinnvoll sich im Vorfeld zu überlegen, was alles auf einen zukommen könnte und sich dann einen Wenn…-Dann…-Plan zu überlegen. Diese können dann genau wie die Flugmanöver mental eintrainiert werden. Tritt die Situation dann ein, haben wir einen Plan und können diesen auch anwenden. Die Wahrscheinlichkeit situationsangemessen zu reagieren, steigt. Noch besser ist es natürlich diese Handlungspläne auch real zu trainieren. Dafür können Sicherheitstrainings hilfreich sein, um verschiedene Situationen auch mal real zu erleben. Doch nicht jede Situation lässt sich zuvor real üben, dann ist es sinnvoll wenigstens einen Plan zu haben, was zu tun ist, wenn etwas eintritt. Unvorhergesehene Situationen gibt es immer wieder beim Fliegen. Bekommen wir mit, dass jemand anderes eine Situation erlebt hat, können wir uns überlegen, idealerweise im Austausch mit anderen, was in dieser Situation sinnvoll gewesen wäre und können für uns selbst einen Handlungsplan genau für diese Situation erstellen. Idealerweise schriftlich. Beim schriftlichen Verfassen von Handlungsplänen wird uns die Systematik noch deutlicher und es fällt eher auf, wenn noch etwas unklar ist. Außerdem können wir an verregneten Tagen immer mal wieder in unseren schriftlich verfassten Handlungsplänen blättern und durchlesen (verinnerlichen), was unser Plan ist, wenn bestimmte Situationen eintreten. Je öfter wir das tun, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir dann auch angemessen in der jeweiligen Situation reagieren.
=> Hier kannst du noch etwas mehr über die Bedeutung Handlungsplänen erfahren...
Zielsetzung:
Als Wettbewerbspiloten schwingen bei Gabi Ergebnisziele immer mit, doch das ist nicht der Hauptgrund warum sie fliegt. Sie möchte sich stetig verbessern. Sie ist neugierig darauf, wie bestimmte Manöver funktionieren und möchte diese auch können. Es geht ihr also vielmehr um Weiterentwicklung, Befriedigung der Neugier und dranbleiben. Damit lebt sie ihre Werte.
=> Hier erfährst du welche drei Fehler bei der Zielsetzung gemacht werden können...
Kontakt zu Gabi Fonck: https://www.instagram.com/gabifonck/
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