Mit Lebensfreude Grenzen überfliegen...

Donnerstag, 23 März 2023 13:50

Interview mit Ferdinand Vogel

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Ferdinand Vogel Ferdinand Vogel Ferdinand Vogel

Ferdinand Vogel ist Race-Director der Red Bull X-Alps, Streckenflugtrainer, Testpilot bei Nova und erfolgreicher Wettbewerbspilot. Im Interview hat er einiges über seine Tätigkeiten und das Streckenfliegen berichtet. Viel Spaß beim Anhören!

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Hier das Transkript vom Interview mit Ferdindand Vogel zum nachlesen:

 

Wenn ich mich richtig erinnere, bist du über deinen Vater zum Gleitschirmfliegen gekommen. Wie war das bei dir genau?

Ja, zum Gleitschirmfliegen bin ich gekommen, weil mein Papa schon seit vor meiner Geburt fliegt, wie ich immer so schön sage. Er fliegt jetzt schon seit über 30 Jahren Gleitschirm. Entsprechend war ich immer mit dabei, wenn er am Wochenende oder so zum Fliegen gegangen ist. Ich habe dann immer hochgeguckt und saß unten in Andelsbuch quasi auf dem Spielplatz und habe da herumgespielt. Ich habe dann hochgeschaut und dem Gleitschirmfliegern zugeschaut und gedacht, wann ist das endlich vorbei, dass mein Papa wieder da ist und habe es ihm quasi nicht gegönnt. Dann wollte ich natürlich, wenn er endlich gelandet war, sofort beim Zusammenlegen helfen, was ich aber nicht durfte. Ich durfte den Schirm nicht anfassen. Das war immer so. Ich musste immer Distanz halten zum Gleitschirm. Erst mit 12 Jahren, als ich dann wirklich gesagt habe, "na ich will jetzt unbedingt", hat er mir irgendwann mal so einen alten Lappen in die Hand gedrückt und gesagt, "da kannst du an dem Übungshang, den wir da vor der Haustür hatten, üben und äh nicht in die Luft kommen". Irgendwann, habe ich es dann aber doch geschafft, mit dem alten Lappen tatsächlich immer mal wieder ein bisschen abzuheben. Aber umso größer war die Leidenschaft dafür und der Ehrgeiz dahinter, dass es irgendwie klappt, in die Luft zu kommen.

Du bist gar nicht Tandem geflogen, sondern er hat dich einfach unten sitzen lassen und du hast zugeschaut?

Ja, genau. Ich habe immer gesagt, "Papa, mach doch einen Tandemschein, dann kann ich immer mitfliegen", aber nein, das gab's nicht. Für mich selbst war ein Tandemflug natürlich zu teuer, um irgendwo zu buchen, und auch Bekannte mit einem Tandemschein hatten wir nicht. Also war das so. Ich habe von Anfang an eigentlich alles selbst mir beigebracht. Klar, die ganz großen Basics hat mir mein Papa beigebracht, und dann hat er gedacht, "na, sag da mal lieber nicht mehr, sonst hebt er demnächst ab". Ich habe mir eigentlich alles selbst beigebracht und Videos angeschaut. Damals gab es noch kein YouTube. Ich habe irgendwie die Videos aus dem Internet gezogen, und wenn ich mit Gleichaltrigen darüber spreche, die haben es genauso gemacht. Es ist immer lustig, wenn man sagt, "ja, das Video habe ich damals auch gefunden", total lustig.

Du arbeitest jetzt bei Nova. Wie ist es, wenn man in der Gleitschirmszene arbeitet?

Ja, also ich kann mich daran erinnern, als ich noch nicht in der Gleitschirmszene war, zum Beispiel hatte ich mir immer geschworen, im Markt niemals Fluglehrer zu werden, weil dann steht man nur unten und kommt selber nicht mehr zum Fliegen. Mittlerweile bin ich ja selbst Fluglehrer. Aber ich habe das immer sehr bewusst wahrgenommen, dass die Leute, die aus dem Wettkampfsport kommen und dann viel in die Szene abgewandert sind und ihr Geld aus der Szene verdient haben, irgendwann keine Lust mehr aufs Gleitschirmfliegen hatten. Das hat mich immer beunruhigt, weil das Gleitschirmfliegen für mich ein großer, wichtiger Teil meines Lebens ist, und ich Angst hatte, dass es mir genommen wird und ich nicht mehr ich bin. Ich glaube aber, dass ich das ganz gut hingekriegt habe und mir das bewahrt habe. Das Wichtige ist, dass man einfach selbst fliegt. Das Gleitschirmfliegen ist so vielseitig und man braucht einfach einen Bereich, der definitiv Hobby bleibt und in dem man Spaß hat. Dann kann das ganze Gleitschirmfliegen weiterhin Spaß machen.

Was ist dann der Bereich, der dir Spaß macht? Ist es das Wettkampffliegen?

Das Wettkampffliegen ist definitiv ein Bereich, der mir Spaß macht, aber auch ein Bereich, der Arbeit ist. Aber hauptsächlich macht es mir Spaß, weil es eben so viel kostet, dass es Spaß machen muss. Jetzt ist es quasi auch Teil meiner Arbeit geworden und ich bin gerade echt ein bisschen am Strudeln. Ich habe immer gesagt, das ist ja noch was, was voll dem reinen Hobby dienlich ist, jetzt als Race Director gehört das quasi auch so ein bisschen mit dazu. Es wird langsam immer voller, aber es macht auch total Spaß. Ich habe jetzt so viel Abwechslung in meinem Beruf, weil ich eben nicht nur ein Tandempilot bin, sondern ich mache mal das, mal das, mal das. Es ist so vielseitig und abwechslungsreich, dass ich eigentlich aktuell gar keine Angst habe, dass mir irgendwann mal etwas davon keinen Spaß mehr machen könnte.

Ich glaube, das ist ein guter Tipp, um den Spaß für alle, die in der Szene arbeiten, zu bewahren. Aber du hast jetzt gerade angesprochen, dass du bei Nova arbeitest. Du bist Tandempilot, testest Gleitschirme, bist Fluglehrer und gibst Streckenflugseminare. Du bist Race Director bei den Red Bull X-Alps und Chef in der Liga. Du hast eine Freundin und eine interessante Arbeit, die du unter einen Hut bringen musst. Wie schaffst du das alles?

Ja, mittlerweile merke ich auch, dass es langsam voller wird, vor allem jetzt, da sich die X-Alps nähern. Es wird immer mehr Büroarbeit, da ich jetzt auch der Liga Manager für die Gleitschirmflieger bin und viele E-Mails täglich anfallen. Aber das ist auch ein guter Kontrast zum ständigen Draußen sein. Ich versuche, zu erledigen, was ich erledigen muss, und alles andere muss warten. Manchmal erledigt sich dann auch etwas von selbst. Aber ich glaube, das ist nicht nur in meinem Beruf so, sondern in vielen Berufen. Man muss Prioritäten setzen, und ich muss für mich selbst noch lernen, wie ich das am besten mache, damit es für mich auch passt. Ich merke, dass ich gar nicht mehr dazu komme, selbst einen Flug zu machen, was eigentlich schade ist. Wir haben alle gleich viel Zeit; wir müssen sie nur sinnvoll nutzen. Irgendwie muss ich meine Balance wiederfinden, aber aktuell muss ich mich in all diese neuen Jobs einlernen, was total spannend und spaßig ist. Aber auf Dauer muss ich mich besser organisieren.

Wie sorgst du denn für mentale und körperliche Erholung? Was ist dein aktuelles Rezept?

Das habe ich gerade nicht so ganz. Was ich immer wieder versuche, ist in alltäglichen Situationen, wenn ich merke, dass ich gedanklich schon bei der Arbeit bin und über E-Mails und Anrufe nachdenke, mich zu fangen und zu sagen "Stopp, ich lebe im Hier und Jetzt". Wenn ich zum Beispiel Frühstück mache, dann denke ich nicht darüber nach, sondern ich konzentriere mich darauf, den Teller dahin zu legen. Das beruhigt mich und bringt mich runter. Ich versuche, meine Gedanken zu haben und mich auf das zu konzentrieren. Das ist glaube ich auch das, was das Gleitschirmfliegen so stark ausmacht und faszinierend ist. Am Anfang ist man so präsent und fokussiert, dass man nur ans Fliegen denkt. Das muss man sich immer wieder bewahren und erreichen. Man muss fokussiert auf eine Sache sein, und das macht dann meistens mega Spaß. Das Thema Achtsamkeit ist hier sehr wichtig, um immer wieder zurückzukommen und im Hier und Jetzt zu sein. Unsere Gedanken sind oft in der Zukunft oder Vergangenheit, aber es ist wichtig, hier zu sein.


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Was sind denn als Race Director ganz konkret deine Aufgaben bei den X-Alps? Wie muss ich mir denn das vorstellen, was machst du da?

Jetzt in der Vorbereitungszeit habe ich schon gut kennengelernt. Also, das fing eigentlich an mit vor Ort das ganze Team kennenlernen. Dann ging es irgendwann an die Regeln. Die mussten nochmal überarbeitet werden. Da habe ich aber nicht viel gewusst, was ich jetzt wirklich überarbeiten soll, weil ich ja nicht wusste, was auf mich zukommt. Also gar nicht so leicht, aber ich habe ein paar Vorschläge reingebracht und ein paar Regeländerungen wird es auch geben, die aber nicht nur aus meinem Kopf sprießen, sondern die schon immer da waren. Ich glaube, das wird ganz spannend dieses Mal.

Dann ging es eigentlich weiter mit der Athleten-Selektion. Erstmal, welche Fragen stellt man den Athleten bei der Bewerbung? Die müssen ja so eine riesen Bewerbung ausfüllen, hast du auch schon hinter dir, gab es damals, glaube ich auch schon, gell? Und ja, das habe ich aber mehr oder weniger so gelassen, weil ich auch gar nicht wusste, was ist denn wirklich sinnvoll? Ich habe ein, zwei Fragen ergänzt. Mittlerweile weiß ich, welche Fragen ich fragen würde. Ich baue sie  jetzt ein bisschen um fürs nächsten Mal. Aber das war auch total spannend und dann eben auch, was haben die Athleten auf diese Fragen geantwortet?

Ich habe mich dann durch alle Bewerbungen durchgewühlt, alles durchgelesen, manche haben richtige Romane geschrieben. Das war viel viel Zeit, die das gekostet hat, das alles durchzulesen. Und dann war das Schwierige, dass zu balancieren, also vergleichbar zu machen, die Athleten irgendwie vergleichbar zu machen. Also, ein Ranking aufzubauen. ich habe immer wieder was versucht und das dann wieder verworfen und neu angesetzt, und letztendlich hat sich dann aus vielen kleinen Rankings etwas ergeben. Und dann hatte ich meine persönliche Auswahl, welche Athleten ich jetzt empfehle. Und bei ein paar Ländern war es auch schwierig, weil bei den Franzosen z. B. hätte ich gerne doppelt so viele Leute mit reingenommen, so ein gutes und starkes Feld. Bei den Schweizern genauso, aber das geht halt leider nicht. Von oben herab gibt es ein paar Richtlinien, die auch voll sinnvoll sind und das Rennen wieder spannend machen. Es ist auch wichtig, dass mehrere Nationen sagen können, dass sie jemanden dabei haben. Trotzdem ist das Wichtigste "safety first", das steht ganz oben. Der Athlet muss einfach vollkommen sicher sein, im besten Fall Akrofliegen können und Erfahrung im Wettkampfsport haben, damit er nicht zum ersten Mal in dem Wettbewerb ist. Am Anfang sind wir so fokussiert auf den Wettkampf, dass wir alles andere ausgeblendet haben, und jemand, der routinierter ist, ist einfach auch sicherer unterwegs. Als Race Director habe ich eine Verantwortung und möchte, dass das Rennen sicher ist, fair abläuft und sportlich ist. Das ist nicht so ein Larifari-Ding, sondern drei wichtige Punkte, nach denen ich immer agieren möchte.

Letztendlich habe ich dann meine Selektion gehabt, mit anderen Leuten in der Szene gesprochen, was sie über die einzelnen Athleten denken, welche sie bevorzugen und wen sie als riskant einschätzen würden. Ich habe alle Informationen gesammelt und auch mit dem Veranstalter von den X-Alps ausgetauscht. Das Race Komitee hat dann entschieden, welche Athleten Sinn machen, basierend auf den Daten, die ich zu den Bewerbungen ergänzt habe. Das war bisher das Aufregendste und Komplizierteste. Mal gucken, ob es geklappt hat und wir die richtigen Athleten gewählt haben. Das wird noch spannend.

Es gibt eigentlich ein Unternehmen dahinter, Zoom Productions, das sich um die ganzen X-Athleten kümmert, mit auch festen Angestellten. Ich muss das alles nicht alleine organisieren. Vieles mache ich gar nicht, sondern meine Aufgaben sind eigentlich der Ansprechpartner für die Gleitschirmsportspezifischen Themen. Dort ist es sehr wichtig, jemanden zu haben, der den Input aus der Szene mit einfließen lässt. Die X-Alps sind nicht nur für Gleitschirmrennen, sondern es geht um viel mehr und um diese ganzen anderen Aspekte. Das ist das, was ich jetzt auch noch kennenlernen werde. Ich muss mich darauf konzentrieren, damit alles sicher ist, aber da gibt es ein sauber eingespieltes Team, in das ich jetzt Stück für Stück hineinwachsen werde. Ich bin gespannt auf alles, was noch kommt, aber zuerst geht es darum, die Routen auszuarbeiten und sie mit Airspaces zu markieren. Jetzt muss ich die Airspace-Dateien erstellen. Natürlich habe ich mir das schon angeschaut, wo es kritisch ist und so weiter, aber ich muss mir das jetzt im Detail anschauen, damit die Athleten ihre Routen sauber planen können und ihre Vorbereitungen treffen können.

Wie viele haben sich denn eigentlich beworben für die X-Alps? Das würde mich mal interessieren. Handelt es sich da um 50 oder 5000 Bewerbungen?

Das ist eine Frage, die schon mehrere gestellt haben. Darauf darf ich keine konkrete Antwort geben. Aber was auffällig ist und was mich selbst überrascht hat, aber auch irgendwie logisch ist, wenn man darüber nachdenkt, ist, dass sich eigentlich viele gerne bewerben würden, aber viele denken, dass es keinen Sinn hat, sich zu bewerben, da sie ja eh wissen, wer aus ihrem Land ausgewählt wird. Also sind es ein bisschen weniger Bewerbungen, als man im ersten Moment denkt, aber trotzdem eine gute Handvoll. Es ist also immer noch viel Arbeit, sich durch all die Bewerbungen zu arbeiten.

Zwar sind natürlich auch ein paar Spaßbewerbungen dabei, das merkt man dann bei den ersten Fragen. Das war ein bisschen fies, die waren doch recht ernst beantwortet und hinten raus wurde es dann immer lustiger. Ja, also die hat man natürlich auch mit dabei. Die lustigste Bewerbung war eigentlich: "Ich mache demnächst meinen Schein, aber ich wollte mich jetzt schon mal bewerben." Und so in die Richtung waren schon lustige Sachen dabei.

So nach dem Motto: "Denkt an mich in fünf Jahren, möchte ich dabei sein."

Die Bewerbung war schon für jetzt.

Ferdinand parafly

Deine zweite Arbeit hast du gesagt, ist bei Nova Testpilot zu sein. Wie muss ich mir denn die Arbeit als Testpilot dort vorstellen? Sind die Gleitschirme, die du bekommst, schon fliegbar oder bist du bei der Entwicklung auch schon mit dabei? Wie sieht konkret deine Arbeit aus oder was sind deine Aufgaben?

Also bei Nova ist es so, dass die Testpiloten nicht mitkonstruieren. Das heißt, da habe ich eigentlich wenig Einblick. Ich kriege zwar immer wieder etwas mit, weil ich ja auch Feedback gebe, und das wird dann mit eingebaut. Entsprechend muss ich auch wissen, welche Änderungen jetzt stattgefunden haben, von dem einen Proto zum nächsten Proto.

Aber jetzt so das Richtige konstruieren. Da bin ich weniger dabei, und vor allem geht es mittlerweile, würde ich sagen, auch hauptsächlich darum, um die Simulationen zu verbessern. Also, da weiter die Software zu verbessern und zu programmieren, das ist eigentlich aktuell, glaube ich, ein starker Fokus bei allen Herstellern. Und das ist total spannend, was da alles heutzutage möglich ist. Also, wir können ja mittlerweile Klappmechanismen simulieren und sehen, wenn man da das Stäbchen dicker macht oder dünner macht oder einen anderen Stäbchen einbaut, wo dann wie die Falten entstehen beim Einklappen, zum Beispiel, oder auch beim normalen Flug. Und das ist schon Wahnsinn, was da alles geht mittlerweile. Das macht natürlich die Arbeit des Testpiloten etwas einfacher, weil die Schirme haben bewusste Sollbruchstellen, sozusagen, damit die Klapper an bestimmten stellen entstehen und reagieren kann. Und das kann jetzt alles im Vorfeld ganz klar simuliert werden, und entsprechend ist es alles etwas einfacher geworden.

Ja, was sind so meine Aufgaben? Ich kriege ein Prototypen, mittlerweile fliegen die Prototypen eigentlich in der Regel immer, so dass man safe ist.

Vor ein paar Jahren gab es eine Änderung an der Software. Diese Änderung führte dazu, dass der Prototyp viel zu schnell eingestellt war. Wir alle wissen, was passiert, wenn man voll beschleunigt und dann auf die Bremse tritt. Die Nase geht runter und der Frontklapper öffnet sich. Das passierte auch hier und der Prototyp flog sozusagen davon. Wenn man es einmal geschafft hat, auf der Bremse zu bleiben, muss man auch damit umgehen können. Unter den Testpiloten gilt alles was startet, das fliegt. Das stimmt größtenteils. Natürlich kann sich etwas auch kontinuierlich verschlechtern. Zum Beispiel hatte ich einen Schirm, bei dem der Start funktioniert hatte, aber nach etwa zehn Sekunden kam ein Frontklapper. Ich hatte damit nicht mehr gerechnet, weil der Schirm kontinuierlich zusammengeschoben wurde und irgendwann zu instabil wurde. Dann musste ich den Schirm fallen lassen. Sowas gehört auch dazu, aber im Wesentlichen geht es darum, dass die Manöver passen und der Schirm beim Thermikfliegen Spaß macht. Alles muss konstruktiv passen und der Schirm muss im Trimm als auch im Vollgas schön dastehen, ohne komische Dellen zu haben, die Leistung kosten. Dann macht man Leistungsvergleiche.

Und das, was mir am meisten Spaß macht, sind die Fotoshootings. Das stellt sich erstmal so schön vor, man fliegt so rum, aber ein Fotoshooting ist schon ganz schön anspruchsvoll. Bei einem Fotoshooting passieren die meisten Kollisionen. Man muss sich perfekt positionieren, man muss gut im Team zusammenarbeiten, damit die Perspektiven passen. Und das ist eigentlich eine coole Herausforderung und macht voll Spaß.

Und letztendlich, wenn man dann einen Proto hat, der schon fast fertig ist und damit auch mal auf Strecke gehen darf, dann ist es natürlich auch cool, während der Arbeitszeit quasi auf Strecke gehen zu dürfen. Aber letztendlich ist es viel Ausprobieren, Top-Landen, man merkt, was man gespürt hat, versucht es wieder zu ändern, fliegt wieder raus, macht ein paar Thermikreise, landet wieder top, verändert wieder was und versucht so den Schirm kennenzulernen und das Optimum herauszufinden. Und gibt dann dieses Feedback wieder an den Konstrukteuren weiter, wenn sie nicht eh gerade mit dabei sind und auch mit testen und viel vergleichen.

Denn beim Gleitschirmfliegen sage ich immer, wenn man einem "typischen Gleitschirmpiloten", einen Schirm gibt, der komplett weiß ist, also man nicht erkennen kann, was das jetzt für ein Schirm ist, und sagt ihm: "Hey, der Schirm, der kurbelt sau geil" und ihm den Schirm gibt. Und der probiert ihn aus und gibt ihn dann wieder zurück. Man geht kurz hinten ums Eck, nimmt den gleichen Schirm wieder und sagt: "Hier hast du noch einen anderen Schirm. Und der, ja der, ist jetzt nicht ganz so geil vom Handling, aber dafür hat er die und die Eigenschaft und ist sau geil." Gib ihm wieder zum Probieren. Dann sind die allermeisten Kunden so, dass sie sagen: "Oh ja, habe ich gespürt, stimmt." Und das ist so ein bisschen der Knackpunkt beim Gleitschirm. Das Marketing sagt sehr viel aus, aber natürlich ist das schwierig, weil jeder sagt immer, dass sein Schirm der beste ist. Und jeder Schirm hat irgendwo eine Macke. Das gibt's leider eigentlich nicht, dass ein Schirm gar keine Macken hat. Also, ich bin schon mit vielen Schirmen von anderen Herstellern geflogen und jeder hat irgendwo eine kleine Macke. Die Frage ist halt nur, ob die Macke störend ist oder nicht. Und das ist immer das Ziel: Einen Schirm zu bauen, der weich genug ist, dass er beim Extremflug sehr, sehr sicher ist. Der sich aber so anfühlt, dass es ein schönes Fluggefühl gibt oder eine gute Sicherheit gibt, wenn man darunter hängt

Also, du würdest dann auch einfach sagen, wenn jemand einen Schirm kaufen möchte, dass man sich wohlfühlen sollte, weil jeder Schirm irgendwo eine Macke hat.

Es geht einfach darum, ob ich persönlich mich darunter wohlfühle oder nicht. Ich sage immer, ich kann meinen Rat geben und versuche zu definieren, welche speziellen Sachen der Schirm wirklich hat, aber letztendlich sage ich: "Hey, du musst ihn ausprobieren und wenn du dich nicht darunter wohlfühlst, ist das für mich voll in Ordnung, auch wenn ich an der Entwicklung beteiligt war." Das ist voll in Ordnung, weil es unterschiedliche Geschmäcker gibt und du musst dich letztendlich wohlfühlen. Was aber wichtig ist, das merkt man schon, wenn man jetzt so einen ganzen Testival-Tag das Feedback einsammelt, dass natürlich von der Tageszeit abhängig, die Leute sagen: "Da habe ich mich jetzt nicht ganz so wohl gefühlt", und am Abend sind sie alle hell auf begeistert von dem Schirm, und morgens sagen sie immer: "Ja, kann ich jetzt nicht so genau sagen, weil halt tote Luft." Und das merkt man schon, dass das über den Tag, den Verlauf der Flugbedingungen entsprechend, auch das Feedback des Schirms ankommt. Also, wenn ich einen Schirm teste, sollte ich ihn eigentlich zu allen Bedingungen testen, also morgens, mittags, abends, damit ich wirklich eine Aussage treffen kann.

Hast du überhaupt eine Winterpause, weil jetzt kommt ja so langsam der Frühling wieder. Ich glaube, du bist ja eigentlich immer am Fliegen. Wie bereitest du dich denn so auf die Flugsaison vor oder bist du eh immer vorbereitet?

Ja, dadurch, dass ich mittlerweile versuche auf vielen World Cups zu sein, bin ich dann im Winter doch irgendwo unterwegs solange das Fliegen noch funktioniert. Bin aber auch jedes Mal, wenn ich dann im Ausland stehe, so "Boah, ich habe noch gar nicht alles von dem eigenen Land gesehen" und bin jetzt hier im Ausland, auf der anderen Seite der Welt, im Extremfall. Und irgendwie kann ich mir gut vorstellen, dass es so die Flugbedingungen irgendwo in den Alpen auch gibt. Das ist immer so bei mir. Aber der Vorteil ist, ich komme halt auch im tiefsten Winter zu starken Steigwerten und kann weiter im Training bleiben. Es gibt bei mir wirklich nicht so die Winterpause, zumal im Stubaital, also überall wo man Südhänge hat, im Winter es ja auch thermisch geht. Im Dezember/Januar sind halt weniger Tage, aber die gibt es dort genauso. Vor ein paar Jahren bin ich am 5. Januar  100 km am Stück geflogen und das gehört für mich genauso dazu. Man muss halt andere Klamotten haben. Ich glaube, das ist eher jedes Mal die neue Herausforderung, die Ausrüstung wieder zusammenzusuchen. Das merke ich dadurch, dass ich halt so viele verschiedene Sachen habe, wo ich unterwegs bin, wo ich aber halt auch verschiedene Sachen brauche. Beim Streckenfliegen braucht man andere Sachen als auf dem Wettbewerb. Wenn ich in Hike & Fly mache, brauche ich wieder was anderes. Ich habe natürlich nicht zehn Helme daheim, sondern ich muss dann immer gucken, wo ist jetzt meine Ausrüstung habe, muss wieder alles zusammen suchen und entsprechend auch die passenden Handschuhe dabei haben, die passende Jacke je nachdem. Also ich brauche nicht in der tiefsten Winter-Daunenjacke dann in Mexiko aufkreuzen. Und das ist eigentlich immer so, was nehme ich jetzt wirklich mit, was macht gerade Sinn. Das ist die Vorbereitung, die im Wesentlichen stattfinden muss. Und je öfter man das alles macht, desto eher weiß man: Okay, das macht jetzt Sinn.

Was fliegst du denn jetzt eigentlich hauptsächlich? Fliegst du mehr Strecke oder mehr Wettbewerb oder mehr Hike & Fly? Was ist denn jetzt aktuell so dein Hauptfokus?

Eigentlich Wettbewerbe, muss ich ehrlich gestehen. Zum Streckenfliegen, das muss jetzt quasi unter uns bleiben, die hören ja alle zu. Ich habe noch gar nicht so viele super schöne weite große Streckenflüge gemacht. Wenn der Tag da ist und ich das mir vornehme, dann kommt meistens was Geiles raus. Letztes Jahr den Kössen-Rekord, den wir da geflogen haben, aber das war's dann leider auch schon. Also ich bin letztes Jahr nicht Streckenfliegen geganen, weil ich quasi nur diesen einen Flug im Stubaital gemacht habe und das war's.

Dann sind es eher immer so kleinräumige Flüge, bei denen ich weiß, dass es nicht größer als 100 km oder so wird. Aber die großen Streckenflüge habe ich noch gar nicht so viele gemacht. Mein Wissen habe ich hauptsächlich aus Wettbewerben, und das ist etwas, was mir weiterhin Spaß macht. Aktuell bin ich ein bisschen am Zögern, ob das wirklich das ist, wo ich weitermachen möchte. Mit den neuen Gurtzeugen. Diese Saison werde ich für mich herausfinden, ob ich das wirklich will. Ich mag es nicht, wenn ich so eingeschnürt bin, und ich mag es auch nicht, wenn der oberste Knopf meines Hemdes zu ist. Das ist einfach nicht meins. Aber das ist halt jetzt bei den neuen guten Geräten so, und das muss ich erst für mich neu herausfinden. Ich werde es jetzt erstmal mit meinem alten Gerät ausprobieren und schauen, wie es leistungstechnisch aussieht. Beim Superfinal war es auch so, dass ich eigentlich ganz gut mithalten konnte. Ich bin 14. geworden, aber ich war ein bisschen zu schwer, und das habe ich dann beim Steigen gemerkt. Sonst wäre die Platzierung ein bisschen besser gewesen. Aber so ist es halt manchmal. Wettkampffliegen ist wirklich meins und macht mir Spaß. Da liegt auch mein Fokus weiterhin.

ferdinan columbien

Wie bereitest du dich darauf vor, wenn du irgendwo in ein neues Fluggebiet kommst und weißt, dass es dort einen Wettbewerb gibt? Hast du da irgendwie eine spezielle Routine, was du dir anschaust?

Ich sage immer öfter, dass ich ziemlich schlecht vorbereitet bin. Zum Beispiel fahre ich manchmal hoch zum Startplatz, lade schnell die Wegpunkte herunter und kopiere sie dann per Bluetooth auf mein Instrument. Zum Glück funktioniert das mittlerweile alles ganz gut. Oder ich habe manchmal gar keine Wegpunkte auf meinem Instrument und muss mich einfach auf meine Kenntnisse der Region verlassen. Ich bin also oft unterwegs und habe wenig Zeit, mich richtig vorzubereiten. Abends bin ich immer nur mit E-Mails beschäftigt und tagsüber draußen.

Aber ich versuche immer zu verstehen, welche regionalen Windsysteme es gibt, wo sich die Haupttäler befinden und was passiert, wenn es eher flaches Land oder hohe Berge gibt. Das ist wichtig, um den regionalen Wind zu verstehen. Wenn ich dann vor Ort bin und den Wind verstehe, kann ich das besser kombinieren und schneller ein Gesamtbild bekommen. Ich bin immer wieder überrascht, aber versuche, mich darauf zu konzentrieren. Es gibt die Devise beim Wettkampffliegen, dass es oft gut ist, wenn man sich nicht auskennt, weil man dann nicht von fixierten Gedanken ausgeht, dass es nicht funktionieren wird. Aber manchmal gibt es auch Situationen, in denen man denken muss, dass das nur jemand wissen konnte, der sich auskennt. Man probiert es dann einfach aus und lernt so das Gebiet kennen. Das ist beim Wettkampffliegen sehr wertvoll. Ich versuche, meinen Fokus darauf zu setzen, in welchen Gebieten ich noch nicht war. Natürlich muss ich auch an den hochkarätigen Wettbewerben teilnehmen, aber immer öfter versuche ich, neue Gebiete kennenzulernen. Man lernt ein Gebiet sehr schnell kennen, wenn man im Wettbewerb fliegt, weil alles schön visualisiert ist und man coole Aufgaben bekommt, die auch wetterspezifisch sind. Beim Streckenfliegen fliege ich oft nur einmal durch, aber in einer Woche Wettbewerb fliege ich um die Passagen herum und entdecke auch andere Orte, die ich beim Streckenfliegen gar nicht sehen würde. Das ist der Reiz beim Wettkampffliegen und macht mir viel Spaß. Es hat mir immer viel Freude bereitet, neue Gebiete kennenzulernen, und man bekommt eine perfekte Einweisung quasi.

Du hattest mal vor einer Weile gepostet, dass du mit Condor geübt hast. Es ist bekannt aus der Sportpsychologie, dass virtuelles Training auch Training ist. Wenn wir uns die Profisportler anschauen, z.B. im Fußball, spielen sie auch FIFA, um sich mental zu trainieren. Es ist mentales Training. Nutzt du Condor viel oder was sind deine Erfahrungen damit? Bringt es dir etwas beim Fliegen, wenn du mit Condor übst?

Das ist ein bisschen schwierig zu beantworten. Als wir damals mit der Kemptner Clique angefangen haben und wir quasi jeden Abend exzessiv Condor gezockt haben, habe ich sehr viel mitgenommen und auch wahnsinnig viel gelernt. In der darauf folgenden Saison habe ich dann den deutschen Rekord geflogen und bin bei meinem ersten Weltcup auf Platz 10 gelandet. Das hat mir glaube ich viel Sicherheit und Selbstbewusstsein gegeben, um zu sagen: "Hey, das wird jetzt schon irgendwie funktionieren und ich fliege jetzt einfach bei dem World Cup vorne raus und warte nicht auf die anderen, sondern fliege einfach mein Ding oder probiere einfach mal eine Route zu fliegen, die so groß ist wie noch kein anderer probiert hat." Außerdem habe ich durch Condor ein besseres Verständnis für Thermiken und dafür, wo und wie Luftmassen die Thermiken verschieben, bekommen. Das hat mir alles ein besseres Bild gegeben. Trotzdem habe ich jedes Mal gemerkt, dass so ein Segelflieger nicht einfach einklappen kann.

Und wenn ich sehr viel Condor geflogen bin, dann hatte ich danach das Problem, dass ich im Vollgas Angst hatte, dass mir jetzt gleich die Kappe um die Ohren fliegt und habe mich erst wieder rein gewöhnen müssen. Und immer wenn ich viel Condor gespielt habe, war ich besser mit meinen taktischen Entscheidungen beim Fliegen, aber ich war viel zurückhaltender, was schnelles Fliegen angeht. Also Vollgas geben, und da habe ich mich dann immer erst wieder im Wettbewerb dran gewöhnen müssen. Nicht dass ich dann selber Streckenfliege und fast gar kein Gas mehr gegeben habe, weil ich irgendwie wieder Probleme hatte vom Kopf her. Aber ich bin generell eigentlich total der Schisser beim Gleitschirmfliegen, merke ich auch beim Testen. Immer wenn man dann wieder einen Schirm hat, der beim Vollgas seitlich klappt und nicht so richtig sauber funktioniert, dann brauche ich viel Zeit, viele Klapper, bis ich mich dran gewöhnt habe und dann wirklich kontinuierlich sagen kann: "Ok, jetzt kann ich mich wieder trauen, fünf Vollgas-Seitenklappen hintereinander zu machen." Und dann wirklich eine Aussage treffen zu können, welche Änderungen jetzt wie was bewirkt hat. Ich brauche immer einen Moment, um wieder reinzukommen, und dann traue ich mich auch. Aber so wie jetzt, bin ich keine Ahnung, drei Monate, weil ich viel unterwegs war, keine Klapper mehr geflogen, und jetzt soll ich das machen? Da habe ich dann einfach ein bisschen Schiss. Ich weiß, dass ich die Skills habe, aber ich mache es zu selten. Mir fehlt da glaube ich einfach ein bisschen meine Phase meines Akro-Fliegens, die war etwas zu kurz ausgefallen. 

Dazu hätte ich noch eine Frage: Gibt es Situationen, in denen du an dein Limit kommst und in denen du Angst empfindest?  Du hast gesagt, wenn du längere Zeit keine Klapper geflogen bist und dann wieder beim Testen Klapper fliegen musst, dann macht dir das Angst. Aber gibt es noch andere Situationen, wo immer mal wieder die Angst hochkommt?

Ja, also je mehr ich teste, desto eher weiß ich ja dann, wie extrem auch eine A-Schirm sein kann. Und wenn ich dann wieder unter meinem Schirm hänge, denke ich "Uh". Aber was ich dabei immer wieder vergesse, ist ja, wenn ich unter dem Gleitschirm hänge beim normalen Fliegen, dann darf ich sofort reagieren, also sofort eingreifen. Und das vergesse ich ab und zu. Und wenn ich mich dann wieder erinnere, dass dann ja auch die Schirmreaktion viel viel harmloser ist, als wenn ich eben beim Testpilot einfach nur "Wupp" reinreiße und danach gar nichts mehr machen darf und einfach nur abwarte, bis ich quasi im Schirm hinterherköpfe. Ja, das sind halt zwei ganz unterschiedliche Parts. Und, was habe ich sonst? Kommen mir manchmal, wenn ich zu viel Zeit habe und nicht so den Fokus habe im Wettbewerb, kommen mir so Gedanken wie "Was passiert, wenn ich jetzt hier den Retter ziehen muss und dann da unten lande? Ich lande vielleicht im Bach oder auf der Felswand oder was auch immer". Sowas habe ich schon auch manchmal und dann versuche ich aber sehr schnell, diese Gedanken wieder zu verdrängen. Früher habe ich immer gesagt "Leider muss ich zulassen, das gehört mit zum Gleitschirmfliegen dazu. Aber ich habe gelernt, man muss sich damit auseinandersetzen und das auch tief verinnerlichen, durchgehen, was macht man in solchen Situationen. Aber man darf sich halt nicht fangen lassen von solchen Gedankengängen, das ist dann meistens wie so eine Abwärtsspirale und man kriegt dann Angst. Also wenn irgendwie blöde Situationen in den Wettbewerbs-Tasks entstehen, hat man jetzt beim Superfinale das öfteren, dass man voll den starken Gegenwind hat. Und wir waren sau hoch in Mexiko. Und wir hatten in der Konvergenz 40 km/h Gegenwind und wir sind eigentlich nur noch vorwärts geflogen, weil wir halt viel Gas gegeben haben. Und dann sieht man die Kollegen, die links und rechts, immer mal wieder voll die riesen Klapper haben und dann Stollen müssen und so. Und man denkt einfach nur: "Hä, was ist hier los? Das macht doch alles keinen Sinn mehr und keinen Spaß mehr. "Und dann habe ich wieder gemerkt: Hey, ich habe aber keine Klappe, weil ich halt im richtigen Moment rausgehe. Ich habe das irgendwie mir sinnvoll beigebracht und bin dann nicht so hart und sage ich muss jetzt im Gas bleiben, damit ich eben wieder Distanz gutmache. Und ja, ich habe in meinen zehn Jahren, würde ich mal ungefähr sagen, wo ich jetzt Zweileiner fliege, hatte ich bisher 7 oder 8 große Klappen gehabt und wenn ich damit anderen Wettkampfkollegen rede, die sagen nee, das haben sie pro Saison, dann merke ich, okay, nee, ich glaube ich mache was richtig mit meinem Risikomanagement. Vielleicht bin ich sogar ein bisschen zu safe, sozusagen, um die besten Ergebnisse zu kriegen, aber man sagt ja immer so schön, es gibt die motivierten Piloten und die schnellen Piloten und es gibt die Piloten, die alt werden.

Ich mag definitiv jemand sein, der so wie jetzt zum Beispiel Andreas Malecki, der einfach in seinem Alter immer noch mega die Leidenschaft fürs Wettkampffliegen hat und jetzt auch das Fliegen zu seinem Beruf gemacht hat und trotzdem voll die Motivation dahinter ist. Und das möchte ich mir bewahren, ich mag gerne solange noch Wettbewerbe fliegen, wie es mir einfach Spaß macht und das Gleitschirmfliegennan die Spitze treibt. Aber eben in meinen Augen, wenn man mit einem kühlen Kopf,  das Wettbewerbsfliegen safe erleben kann und viel mehr erlebt als jetzt nur bei einem normalen Streckenflug.

Jetzt habe ich aber noch nicht ganz verstanden, wie du jetzt mit deiner Angst umgehst. Also du hast gesagt, früher hast du die Angst "zugelassen" oder dir gesagt "es gehört halt dazu, die Angst", und jetzt hast du aber gesagt du "verdrängst sie", wobei ich glaube, du verdrängst sie gar nicht sondern du akzeptierst, dass du Angst hast, wenn ich das richtig verstanden habe. Du sagst dir "okay, ich habe jetzt Angst" und machst dir dann aber bewusst, "okay, du hast die Skills, um damit umzugehen" und fliegst dann weiter.

In dem Moment, wo man so denkt, wird es nochmal gefährlicher, weil man dann halt sagt, na ja, jetzt bin ich ja unsterblich, sozusagen. Also ich bin mir zwar der Angst bewusst, ich bin mir dem Risiko bewusst, aber wenn ich dann sage, ich bin aber besser, mir passiert das schon nicht, in dem Moment wird das Fliegen immer sau gefährlich. Das habe ich eben mit 18 erlebt, wo ich dann gedacht habe, jetzt habe ich Gleitschirmfliegen verstanden. Ich weiß was wirklich aktives Fliegen bedeutet und so, und prompt hatte ich eine extrem harte Landung am Hang mit Verhänger. Ich bin in den Hang rein und hatte den Rücken gebrochen. Und da mag ich auf keinen Fall wieder hin. Und ich denke, das größte Risiko ist, dass man immer sagt, man kriegt es noch hin, man kriegt es noch hin, und man braucht das Rettungsgerät nicht. Also da bin ich vorsichtig.

Nee, ich versuche den Fokus dann bewusst woanders drauf zu lenken. Also wenn ich in dem Moment, wo es mir bewusst wird, dass ich jetzt mich zu arg auf was könnte alles passieren fokussiere in einer Situation, wo ich das gerade gar nicht haben möchte. Wenn ich nicht unterm Gleitschirm hängen, dann macht es ja Sinn, sich damit mal auseinanderzusetzen. Aber wenn ich jetzt wirklich in der Situation bin und plötzlich nicht im Hier und Jetzt bin, sondern wieder drüber nachdenke, was könnte alles da kommen, was könnte da alles passieren, dann kann das in die falsche Richtung gehen. Und dann muss ich den Fokus wieder draufsetzen und dann gucke ich eher, "okay gut, klar. Wo ist die nächste Thermik, wie schaut's da aus, was sind da die Risiken, wie schaut's aus, funktioniert die, wie gut ist die? Okay, nächste Thermik, Plan B, wenn die nämlich nicht funktioniert." Dann versuche ich halt meine Plan-Kette an Thermiken, die ich mir setze einfach extremste lang werden zu lassen. Das braucht viel Kapazität, weil man sich ja merken muss, wo ist jetzt gerade Schatten drin, wo sind andere Piloten, die eben noch gestiegen sind, was macht der Wind, hinten ist ein Rauch, den ich sehe oder je weiter die Plankette in Routenrichtung ist desto aufwendiger wird es und desto mehr Fokus habe ich wieder darauf. Dann bin ich anderweitig konzentriert und vergesse die negativen Gedanken der Angst.

Ich weiß nicht wie man das jetzt in Worte fassen kann, das kannst du wahrscheinlich besser.

Ich finde das ganz wichtig, wie du das beschreibst. Letztens habe ich ein Video von der Vera Birkenbihl gesehen, sie lebt ja leider nicht mehr. Aber sie hat das genauso beschrieben mit einer Geschichte. Sie fing an, mit "wie bekomme ich einen Elefanten dazu, durch einen engen Gang zu laufen, bei dem rechts und links Porzellan steht? - Der Elefantenführer kann den Elefanten gerade hindurch führen. Allerdings, vor dem Elefant ist der Rüssel, welcher immer nach rechts und links schwingt. Der Rüssel sei vergleichbar mit unserem Verstand, welcher ja auch immer wieder von der Vergangenheit in die Zukunft hin und her schwingt. Von einem Gedanken zum anderen und dadurch machen wir Dinge kaputt. Der Elefantenführer hat einen Trick. Er gibt dem Elefanten einen Stecken, damit der Rüssel etwas zum Halten hat. Der Rüssel bleibt gerade und so kann der Elefant mit dem Elefantenführer durch den engen Gang gehen, ohne etwas kaputt zu machen." Das was du gerade beschrieben hast, mit dem Planen der nächsten Schritte und dem Fokus verändern, ist im Prinzip das gleiche. So wie der Elefant, hat dein Verstand damit etwas zu tun, er kann planen und du kannst dich wieder auf das Weiterfliegen fokussieren.

Wirst du eigentlich vor Wettbewerben noch nervös oder ist es für dich schon so normal, dass du vorm Start gar keine Nervosität mehr empfindest?

Ich werde dann nervös, wenn irgendwas ein bisschen untypisch ist oder ich merke jetzt kommts drauf an. Ich setze mich manchmal ein bisschen zu viel unter Druck. Mittlerweile, weil ich gerne in den Top Ten der Weltrangliste bleiben möchte. Das heißt, ich brauche im Jahr einfach fünf gute Wettbewerbe mit guten Resultaten und das bei hochkarätigen Wettbewerben. Aber es gibt gar nicht so viele und ich kann mir das auch nicht leisten so viel Zeit zu investieren. Das heißt, es muss bei dem Wettbewerben, bei denen ich dann dabei bin laufen und funktioniert und den Druck den spüre ich dann. Aber, dass ich sag oh ich bin jetzt voll aufgeregt, hippelig oder so wie wenn ich jetzt vor einem Live-Vortrag bei dem ich was präsentieren muss, das habe ich nicht mehr. Am Anfang hatte ich das, aber mittlerweile nicht mehr. Hier hat mir Condor viel geholfen, weil das jedes mal wieder ein Wettbewerbsstart ist. Am Anfang habe ich gemerkt, wie ich voll verkrampft die Maus und die Tastatur hielt. Wie verkrampft ich da an meinem PC saß und dann mich immer versucht habe zu entspannen und zur Ruhe zu kommen. Einmal tief durchatmen, Muskeln lösen und jetzt wieder in die Situation rein. Das habe ich früher auch immer beim kontrollieren gemacht, den fünf Punkte Check und dann noch mal Augen zu, Kopf senken, einatmen, ausatmen. Den Druck wegnehmen und dann vor der Konzentration noch mal den Wind checken, Luftraum und raus.

So habe ich einfach für mich ein paar Sachen entwickelt, wo ich sagen kann "ja. so kriege ich mich wieder runter!".

Was ich manchmal noch habe ist, dann lass ich mich dann meistens von anderen anstecken, die eben noch nicht so lange fliegen, ist dieses typische, wenn man gerade im Auto sitzt zum Fluggebiet und dann dieses "jetzt dürfen wir gleich fliegen - jetzt gleich geht's los!". Da lasse ich mich manchmal gerne noch mit anstecken.

Wenn ich ganz allein fliege, habe ich das eher selten. Außer ich weiß es geht zum Streckenfliegen. Da hatte ich das letztens auch wieder, weil ich so selten selber zum Streckenfliegen gehe. Das ist dann eher eine positive Nervosität.

Du hast gerade gesagt einatmen, ausatmen, entspannen, runterkommen und dann geht's los. Gibt es eine spezielle Routine die du jeden Morgen machst oder die du dir antrainiert hast?

Nee, ich würde sagen ich habe beim Gleitschirmfliegen mir viele solche Sachen antrainiert. Ich mache das, wenn ich zum Streckenfliegen gehe, wenn ich in der Thermik komplett hoch aufgekurbelt habe und loslege und dann durch Turbulenzbereiche der Thermik fliege. In ruhiger Luft, wenn ich etwas Zeit habe, dann trinke ich immer. Im Alltag habe ich allerdings keine solche Routinen eingebaut. 

Machst du nach den Flügen regelmäßige eine Reflexion? Schaust du noch einmal, was war gut, was war schlecht? Oder machst du das gar nicht?

Eine zeitlang habe ich das extremst intensiv gemacht. Ich habe wirklich jeden Flug nochmals detailliert angeschaut. Jeden Thermikkreis. Was waren meine Überlegungen, die ich hatte? Welche Optionen hatte ich? Für was habe ich mich entschieden und warum? Was war gut oder warum war es schlecht? Hätte die andere Option besser sein können? Das weiß man beim Streckenfliegen meistens nicht, im Wettbewerb weiss mans weil irgendjemand es ausprobiert hat und dann sieht man und kann das auch mit beobachten. Aber mittlerweile halte ich De-Briefings für Newcomer oder bei Ligadurchgängen oder bei Streckenflugseminaren. Entsprechend habe ich beim Halten dieser Vorträge sozusagen meine eigene Reflexion und lerne auch immer selber noch wahnsinnig viel.

Es heißt ja: "man hat etwas erst verstanden, wenn man es erklären kann."

Und das merke ich. Seitdem ich Fluglehrer bin, mache ich mir viel mehr Gedanken darüber, wie ich etwas vermittle. Dadurch habe ich auch noch mal einen krassen Leistungssprung gemacht. Das merkte ich auch im Wettbewerb. Ich kann einfach noch kontinuierlicher in der Weltspitze oben mitfliegen.

Die Franzosen machen aktuell irgendwas noch mal deutlich besser. Es ist sau schwierig da vorne mitzufliegen. Philipp Haag, den du ja auch schon im Interview hatte, der hat wohl den Schlüssel auch irgendwo gefunden. Ich habe ihn gefragt, warum das jetzt plötzlich alles so läuft und ich glaube, er kann es nicht bewusst greifen. Aber irgendwas hat er gefunden. Vor allem hat er die volle Leidenschaft dafür und das merkt man diesen riesen Spaß beim Fliegen.

Hier muss ich halt auch gestehen, manchmal merke ich, wird das auf dem Wettbewerb gehen halt doch ein bisschen zu Arbeit. Ich halte voll oft die De-Briefings, ich bin zuständig für die Newcomer-Briefings vor dem Task und das fühlt sich dann irgendwann an wie fast schon Streckenflugseminare. Streckenflugseminare sind für mich definitiv Arbeit. Ich mag das auch und gebe gerne alles, was ich kann an Infos weiter. Doch dann rutsche ich manchmal und die Arbeitsrolle. Das ist es eine andere Leidenschaft und was auch noch dazu kommt ist, ich fliege halt so viele verschiedene Schirme. Das gibt einem auch ein gutes Gefühl und Wissen. Aber unter meinem Wettkampfschirm hänge ich einfach viel zu selten. Eigentlich nur auf den Wettbewerben. Das geht auch vielen anderen Wettkampfpiloten so. Aber natürlich bringt das was, wenn ich mein Gerät in und auswendig kenne und ich mich darunter pudelwohl fühle, ab dem ersten Task. Ja das merke ich, dass mir das ab und zu fehlt.

Das merke ich auch, da ich extrem viel mit dem Tandem fliege und wenn ich dann weiter unter dem Wettbewerbsschirm fliege, fühlt sich das doch anders an.

Der Unterschied zwischen Tandem und Hochleitser ist wohl das stärkste, was man machen kann.

Ja, das ist wie Traktor und Ferrari fahren. Was du beschreibst beim Philipp, ist dieser Lockerheit, die er hat. Er hat einfach rasen Spaß beim Fliegen. Diese Leidenschaft, es macht ihm einfach unglaublich viel Freude und ich glaube das ist schon was entscheidendes, wenn man gut sein will.

Du beschreibst, du hast diesen Druck in die Top Ten zu bleiben und dann die Arbeitsrolle, das sind natürlich Dinge, die einem vielleicht die Freude ein bisschen nehmen können.

Ja definitiv, also ich versuche mich dann auch immer zurück zu holen, mit Sätzen wie: "nein, ich bin jetzt hier um Spaß haben. Wenn ich mich während dem Flug erwische, dass ich negative Gedanken komme zum Beispiel wenn ich irgendeinen Fehler gemacht habe und aus dem Führungspulk rausgefallen bin und in der zweiten oder dritten Gruppe sogar bin und ich dann denke "die kurbeln nicht so schön miteinander", dann komme ich selber in diesen Flow "wir fliegen gegeneinander" und in dem Moment funktioniert es nicht mehr. Am besten fliege ich, wenn ich sage "das sind alles meine Freunde". Und so ist es mittlerweile auch, dass ist eine große Wettkampffamilie. Selbst international wird das aktuell immer mehr, dass die anderen, Franzosen und so weiter, das es wie eine Familie wird. Wenn ich mit denen dann fliege, dann sage ich mir "wir fliegen hier gemeinsam diese Route und so schnell wie möglich und es macht so Spaß". Dann bin ich in einer anderen Stimmung und es läuft plötzlich und Bumm bin ich ganz vorne. Wenn ich aber merke "der nervt mich, der hat mich jetzt schon wieder geschnitten oder so und kann der jetzt nicht mal endlich weg sein" oder "jetzt kommt der schon wieder" und "hat der mich eingeholt" oder sowas. Wenn ich in so einem Modus bin, dann läuft's gar nicht mehr. Den Unterschied den merke ich schon krass.

Ferdi Portrait Zillertal Was ist denn dein Geheimnisse im Pulk zu bleiben? Ich persönlich tu mir total schwer im Pulk zu bleiben. Auch, wenn ich weiß es wäre gut im Pulk zu fliegen. Aber irgendwie finde ich mich immer so zwischen zwei Pulks wieder. Er eine ist zu langsam, der andere ist zu schnell und ich bin irgendwie dazwischen.

In den Pulks kann es ja schon mal sehr eng werden, also richtig unangenehm, finde ich. Erst recht dann, wenn ich eingekesselt bin also wenn ich so zwei Meter oder ein Meter vor mir jemanden habe das kriege ich noch ganz gut kontrolliert, aber wenn dann noch gleichzeitig jemand von hinten auch so nah kommt und ich einfach nur denke "wenn ich jetzt voll in die Eisen muss, dann kann es sein, dass es ihm hinten nicht mehr reicht und er in mich rein fliegt",d dann kriege ich auch einen Stress und ich glaube ich auch da habe ich immer mal wieder zu viel Angst und trau mich nicht. Früher war ich auch eher so, dass ich ab und zu einfach in die Mitte gegangen bin und zack einmal eng durchgedreht habe. Was ja total riskant ist, weil wenn jemand anderes das nicht sieht, dass du gerade eindrehst und er möchte jetzt auch eng rein, dann gibt's keinen Platz mehr zum Ausweichen. Dann gibt's eine Kollision. Ab und zu muss man das aber machen, um wieder quasi durch den Punkt durchzusteigen, um in die bessere Position zu kommen. Im richtigen Momenten mache ich das auch, wenn alles läuft. Ich glaube ich bin ein sehr umsichtiger Mensch und habe das jetzt auch öfter schon als Feedback bekommen: "boah mit dir Thermik fliegen in Pulk macht total Spaß, weil man weiß einfach du passt auf und du weichst im Zweifel auch aus, wenn es der andere falsch eingeschätzt hat" und ich bestehe nicht drauf dass ich jetzt weiter Kurbeln darf. Dadurch verliere ich auch immer wieder ein bisschen was, aber das versuche dann durch andere Sachen wieder auszugleichen. Im Moment wo es negativ wird und man Angst bekommt oder eben Angst vor Kollisionen hat, was wahrscheinlich bei dir ein Thema ist, du hattest ja auch eine.

Ja, es war eine lange Zeit in Thema, aber aktuell nicht. Meine Kollision was 2010, das ist auch schon echt lange her.

Ja, da war ich noch gar nicht im Wettkampfsport.

Ich habe das damals mit viel Übung und einem positiven Selbstgespräch "ich schaue auf die anderen Piloten, die auf meiner Höhe sind und unter mir und vertraue darauf, dass die über mir genauso nach mir auf schauen wie ich auf die anderen schaue". So habe ich das Vertrauen mit anderen zusammen im Pulk Kreisen zu können zurück bekommen. Das ist bei mir jetzt nicht das Problem sondern bei mir ist eher das Problem, dass die einen einfach zu schnell sind, da komme ich nicht hinterher und die anderen sind irgendwie zu langsam. Da denke ich mir dann "hey, komm wir müssen weiter. Wir müssen die anderen einholen, los weiter...". Dan drehen die aber immer noch weiter und weiter. Irgendwann fliege ich dann los und bin wieder alleine.

Ja, das ist etwas, bei dem ich versuche, die anderen ein bisschen zu manipulieren. Also wenn ich in den hinteren Pulks bin und die mich erkennen, ich habe ja Werbung im Schirm und erkennen mich die meisten, dann habe ich auch immer das Problem, keiner will vor fliegen. Alle wissen, jetzt bin ich wahrscheinlich der beste im Pulk. Wahrscheinlich denken sie "den lassen wir jetzt mal vorfliegen, bevor er nicht fliegt, fliege ich auch nicht los". Jetzt gibt es die Möglichkeit, wenigstens nicht alleine loszufliegen. Das habe ich von Martin Petz ganz gut gelernt. Der kann das gut, dass er so tun, als wenn das jetzt das beste ist was es gibt, es gibt gar keine keine andere Option mehr. Durch seinen Flugstiel versucht er das so zu signalisieren und reißt dadurch die anderen wie Lemminge mit. Er ist dann zwar trotzdem der erste, aber meistens nimmt er dann ziemlich schnell, do dass man es fast nicht merkt das Gas raus und lasst sich von den anderen einholen und ist dann an einer guten Position und hat den Pulk vorangetrieben. Im richtigen Moment natürlich muss man dann für die anderen mitdenken. Du kannst dir auch sagen "okay das ist jetzt nicht der schlechte Punkt, die Nerven alle" sondern "hey, das sind meine Thermikanzeiger, die muss ich jetzt mitziehen, die darf ich auch ruhig mit nach vorne ziehen". Wenn ich dann vorne bin, sind sie mir wieder egal, dann können sie auch wieder nach hinten fallen. Denn ich möchte ja nach vorne um zu gewinnen und eine bessere Position zu haben und den Anschluss zu den vorderen zu kriegen. Das ist für mich spannend und da brauche ich dann einfach den richtigen Moment und ich darf nicht zu ungeduldig sein und sagen "okay, jetzt jetzt probiere ich es wieder Anschluss zu kriegen" sondern ich versuche kontinuierlich den Anschluss zu kriegen und darf den richtigen Moment abwarten. Außer mein Pulk, der sich gebildet hat ist zu langsam, dann muss ich entscheiden, ob ich alleine wirklich schneller bin oder ob die mich gleich wieder einholen. Dann gibt's die Tage, an denen es sinnvoll ist, hoch zu fliegen. Das sind meistens die Tage, wenn man niedrig los fliegt, dann als erstes weiter vorne ist und mehr leading points gesammelt hat, aber plötzlich die anderen sich auf einen drauf setzen. Das ist dann sehr frustrierend. Ich habe dann für mich einen Trigger Punkt entdeckt. Wenn mir das passiert erlebe ich es beim ersten Mal nicht bewusst, aber wenn mir das dann das zweite oder dritte Mal an dem Tag passiert, dann sage ich "hey, Stopp du bist gerade im Race Modus. Die anderen sind besser, obwohl sie gerade eigentlich nicht besser sein dürften. Was machen die anders? - Ah, die drehen weiter auf. OK, dann ist es wohl ein Tag, an dem ich heute weit aufdrehen muss und geduldig sein muss!" Und prompt bin ich geduldiger, weil ich mittlerweile auch eher den Ruf habe, dass ich tief vorne rausfliege. So ein Ruf festigt sich und brennt sich ein. Mark Wensauer hieß früher der "Rennsauer", Yassen ist auch dafür bekannt und so gibt es einfach ein paar Legenden, die für ihren jeweiligen Flugstil bekannt sind. Dieser hat sich mit der Zeit entwickelt, weil sie irgendwas ausprobiert haben und dann ging es ein paar mal gut und dann sind sie da drin gefangen. Wenn Sie das dann auch noch gesagt bekommen, ist es noch viel schwieriger da wieder rauszukommen. Aber irgendwann schafft man es wieder rauszukommen. Mark zum Beispiel fliegt aktuell wahnsinnig gut, finde ich zumindest. Er hat jetzt einen ganz anderen Flugstil sich angeeignet. Das ist auch spannend zu beobachten. Wenn die Kapazitäten frei sind, dann noch zu analysieren was was machen die denn anders? Das sind so Spielereien, bei denen ich versuche zu verstehen, wie denken die? Warum denken die so? - Das finde ich immer total spannend und macht Spaß im Wettbewerb.

Das zeigt sich immer wieder, im Wettbewerb kann einfach so viel gelernt werden. Das ist eine unglaubliche Lebensschule. - Das finde ich auch. Jetzt sind wir schon ziemlich weit fortgeschritten. Doch so eine letzte Frage hätte ich an dich. Du bist Fluglehrer und Streckenflugtrainer, welchen Tipp hättest du denn für einen Anfänger, der mal überlegt er möchte die ersten Strecken fliegen oder vielleicht mal bei meinen Wettbewerb reinschnuppern, die ersten Strecken geschafft hat. Welchen Tipp würdest du denn Anfänger geben?

Das ist eine Frage, die mir öfters gestellt wird. Das ist ganz unterschiedlich und hängt doch ein bisschen von der Situation ab. Dem kompletten Einsteigern empfehle ich immer Airtime. So viel wie möglich Airtim sammeln. Sei es nur soaren am Hang. Sich dann ganz kleine Ziele setzen, die man zeitnah erreichen kann. Ziele dienen den Fokus auf etwas zu richten. Probier es mal und wenn durch Glück irgendwie funktioniert, dann hat es geklappt. Besser ist es ein kleines Ziel zu setzen, darauf den Fokus legen und tun. Ansonsten ist am Anfang wichtig hoch zu fliegen und viel von anderen abzuschauen. Nicht gleich von den Profis sondern eher von welchen, die nur ein bisschen besser sind, wie man selbst. Wenn ich dem sein Level erreicht habe, dann kann ich wieder jemand anderen suchen, der ein bisschen besser ist. Ich finde man merkt es, wenn man Leute beobachtet, die ihren Schein doch gar nicht lange haben, aber schon wahnsinnig gut fliegen. Was haben die, die haben so im Durchschnitt 200 - 300 Stunden oder noch mehr pro Jahr in der Luft verbracht. Das ist glaube ich das wichtigste. Trotzdem muss man aufpassen, denn es fehlt die langjährige Erfahrung und die damit verbundene Weitsicht, die Ruhe in den Entscheidungen. Beim Risikomanagement muss man dann auch aufpassen, weil die Leute neigen dazu, dass sie sich zu viel dann irgendwann zutrauen. So ähnlich, wie ich es mit 18 hatte. Sie haben dann ein Negativerlebnis und so ein Negativerlebnis ist wie eine Vollbremsung. Das kenn einem dann, wenn man sich damit nicht auseinandersetzt, den Spaß am Fliegen. Das ist dann vielleicht auch noch ein Tipp: Gleitschirmfliegen muss immer Spaß machen! In jeder Situation muss es Spaß machen, weil wir gehen ein Risiko ein, das muss uns auch allen bewusst sein. Wir brauchen kein Risiko eingehen, für etwas was uns keinen Spaß macht und deshalb genießt das Gleitschirmfliegen, habt Freude dabei und behaltet euch diese Freude und dann macht das Gleitschirmfliegen auch noch die nächsten Jahre Spaß!

Ich danke Ferdinand für die tollen Einblicke und wünsche ihm ganz viel Spaß bei seinen Flügen und auch dir, dass du viel Freude am Gleitschirmfliegen hast. 

Liebe Grüße

Yvonne


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Letzte Änderung am Donnerstag, 23 März 2023 16:54
Yvonne Dathe

Psychologin (M.Sc.) • Dipl. Betriebswirtin • Gleitschirm-Fluglehrerin

Seit 1994 fliegt Yvonne leidenschaftlich mit dem Gleitschirm. Sie schreibt über das Fliegen, das ACTive Leben und bietet psychologische Beratung an: Mentales Training • Stressige Situationen und Krisen meistern. Ihr Motto ist "Mit Lebensfreude Grenzen überfliegen!"

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