Mit Lebensfreude Grenzen überfliegen...

Donnerstag, 03 Februar 2022 18:19

Krisen meistern und Realitätsschocks überwinden

geschrieben von
Retterwurf Retterwurf Thomas Ide

Hast du schon einmal einen Realitätsschock erlitten? Bestimmt kennst du solche Erlebnisse auch, wenn urplötzlich das Leben uns ganz unvermittelt etwas schmerzhaftes antut. Solch ein Erlebnis bringt einen vollkommen aus dem Gleichgewicht. 

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Mir persönlich ist vor vielen Jahren beim Fliegen solch ein Erlebnis widerfahren. Ich flog das zweite Jahr Wettbewerbe und fühlte mich so richtig wohl unter dem Gleitschirm. Ich hatte meine ersten Wettbewerbe gewonnen und strotzte vor Selbstvertrauen. Es machte einfach so richtig Spaß mit den andern Pilot:innen an den verschiedensten Plätzen zu fliegen und mich immer mehr zu verbessern. Dann bei einem Durchgang in Fiesch passierte es. Die Thermik war nicht so richtig gut und wir „suppten“ alle auf sehr engen Raum in der schwachen Thermik. Ich blickte kurz nach oben und sah wie ein Pilot mir verdächtig nahe kam und zack, flog er in meinen Gleitschirm. Wir gingen sofort in eine Drehbewegung über, der andere Pilot schön verpackt in meinem Gleitschirm. Ich warf sofort die Rettung und wir landeten beide im Baum. Körperlich waren wir unverletzt, doch der Schock saß tief!

All das Selbstvertrauen, die tollen Erlebnisse und die Freude am Fliegen, waren wie weggeblasen, übrig blieb Angst, Unsicherheit und das Gefühl dem Gleitschirmfliegen nicht gewachsen zu sein. Ich hatte zusätzlich so manche schlaflose Nacht, in denen meine Gedanken kreisten. (Übrigens weist, du, dass am 10.2. ein Workshop mit dem Thema Gesunder Schlaf stattfindet?)

 

Verschiedene Formen des Realitätsschocks

Solch ein Realitätsschock kann unterschiedliche Formen annehmen. Manchmal ist er so heftig, dass er einem Schlag in die Magengrube ähnelt. Etwas später musste ich erleben, wie ein guter Freund beim Fliegen ums Leben kam. Andere Formen sind eine schwere Verletzung, eine Erkrankung, ein Gewaltverbrechen, die Geburt eines behinderten Kindes, eine Insolvenz, ein Betrug, eine Scheidung, ein unerfüllter Kinderwunsch oder andere Lebenskrisen. In abgemilderter Form kann auch Neid, Einsamkeit, Wut oder Ärger, der Blick in den Spiegel und es gefällt uns nicht was wir sehen, Enttäuschungen oder Ablehnung solch einen Schock auslösen.

Manchmal haben wir Glück und der Schock verfliegt schnell wieder. Manchmal ist der Schock so heftig, dass wir Tage, Wochen oder Monate lang uns nicht erholen. Nach dem Schock öffnet sich eine sogenannte Kluft. Wir realisieren, dass unser Leben, das wir haben wollen, nicht mit dem übereinstimmt wie es tatsächlich ist. Die Folge sind Neid, Wut, Angst, Zorn, Traurigkeit, Ärger, Verzweiflung oder andere unangenehme Gefühle. 

 

Die fünf Phasen des Verlustes

Elisabeth Kübler-Ross beschrieb einmal fünf Phasen bei Verlusten. Sie bezog sich damals speziell auf den Fall, das ein Angehöriger stirbt. Doch im Prinzip durchlaufen wir in verschiedener Ausprägung bei jeder Form von Schock / Krise diese fünf Phasen: 

  1. Nicht-wahrhaben-Wollen
    Die Realität wird verleugnet
  2. Zorn
    Wir wir werden wütend, weil uns das passiert ist, wir sind neidisch oder wütend, weil jemand anderes uns verlassen hat oder weil es einfach „ungerecht“ ist. Manche fragen sich „warum ich?“
  3. Verhandeln
    In dieser Phase wird versucht noch irgendwie zu verhandeln, mit der andern Person oder es wird versucht bei Gott um eine Gnadenfrist zu bitten.
  4. Depression / Leid
    Im Prinzip geht es hier nicht um eine klinische behandlungsbedürftige Depression, sondern es geht um Trauer, Kummer, Angst und Ungewissheit, was eine natürliche menschliche Reaktion ist. 
  5. Akzeptanz
    Mit der Akzeptanz wird Frieden zwischen der Kluft zur Realität geschlossen. Anstatt weiterhin dagegen anzukämpfen oder die Realität zu verleugnen, wird sie akzeptiert. 

Nach meinem Unfall oder auch nach dem Tod meines Freundes habe ich mehrfach diese fünf Phasen durchlaufen. Nach dem Unfall hatte ich Angst in der Luft, ich füllte mich nicht mehr wohl und konnte nicht mit anderen im Pulk fliegen. Je stärker die Kluft zwischen der Realität und dem Wunschleben ist, desto stärker fallen diese Phasen aus - das ist vollkommen normal!

 


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Krisenstrategie

Es gibt eine Strategie, die dir helfen kann die Kluft zu schließen, falls dies möglich ist oder dir einen Weg zur inneren Erfüllung zeigen kann, wenn die Kluft noch nicht oder gar nicht geschlossen werden kann. 

 

Im Prinzip geht es hier um die Stärkung deiner Resilienz (= bedeutet Widerstandsfähigkeit). Das mentale Training hat mir damals sehr geholfen. Inzwischen weiß ich, dass zusätzlich die Achtsamkeit wichtig ist. Im Wesentlichen geht es um folgendes:

 

Schritt 1: Sei freundlich zu dir selbst
Oft sind wir sehr streng mit uns selbst, beschimpfen uns regelrecht. Auch wenn wir wissen, dass dies wenig hilfreich ist, tun wir es. Positives Selbstgespräch hat leider häufig nur eine kurze Wirkung, daher ist es wichtig uns selbst mit Mitgefühl zu begegnen. Wir müssen lernen uns selbst zu trösten und wir müssen Strategien lernen um mit unseren schmerzhaften Gedanken und Gefühlen wirkungsvoll umzugehen. Damit wir unser Leben frei selbstbestimmten können.

 

Schritt 2: Anker werfen
Dieser Begriff stammt von Russ Harris. Mit Anker werfen ist gemeint, dass wir uns selbst erden, wenn der Sturm von Gedanken und Gefühlen über uns einbricht und uns versucht mitzureißen. Über unsere fünf Sinne nehmen wir wahr was uns umgibt und können so aus den Gedanken und Gefühlen zurück in das Hier und Jetzt finden.

 

Schritt 3: Fokus auf meine Werte und Ziele 
Welche Haltung will ich in meinem Leben einnehmen? Für was möchte ich stehen? Diese Haltung drückt etwas aus, dass in unserem Herzen liegt und uns den Mut und den Willen gibt, weiterzumachen. 

 

Schritt 4: Dankbarkeit für das was ist
Natürlich ist es schlimm was passiert ist. Dennoch gibt es etwas für das du JETZT dankbar sein kannst. Eine gute Bekannte war für mich hier ein gutes Beispiel. Sie verlor innerhalb kürzester Zeit ihren Lebenspartner, ihre Mutter und ihre Katze. Dennoch war sie oft gut gelaunt und lebensfroh. Als ich sie fragte, wie sie das schafft, antwortete sie „Ich erfreue mich an den Blumen, den Vögeln, der Natur und meinen Freunden. Es sind die kleinen Dinge, die mir Kraft geben und die mich erfreuen!“. Sie hat es trotz des großen Schmerzes geschafft, das Lebendige um sie herum zu würdigen und dafür dankbar zu sein. 

 

So bin ich vorgegangen

Bei mir selbst habe ich eine Zeit lang tatsächlich gehadert, ob ich das Fliegen nicht vielleicht sein lassen sollte, denn Panik in der Luft zu haben, macht nicht viel Spaß. Doch ich habe meine Realität akzeptiert. Es war OK, dass ich im Moment Angst hatte. Immer wenn das passierte, versuchte ich durch eine Achtsamkeitsübung mich zu erden und meinen Fokus mit einem Cross Check zu erweitern. Ich machte mir bewusst was ich wollte - nämlich mit Freude fliegen und ich war dankbar für das Geschenk abheben zu dürfen und ich erlebte die Natur noch intensiver mit allen Sinnen als vorher. 

 

Welche Erfahrung hast du mit Krisen gemacht? Wie hast du deinen Schock überwunden?

Gelesen 1854 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 24 August 2022 09:14
Yvonne Dathe

Psychologin (M.Sc.) • Dipl. Betriebswirtin • Gleitschirm-Fluglehrerin

Seit 1994 fliegt Yvonne leidenschaftlich mit dem Gleitschirm. Sie schreibt über das Fliegen, das ACTive Leben und bietet psychologische Beratung an: Mentales Training • Stressige Situationen und Krisen meistern. Ihr Motto ist "Mit Lebensfreude Grenzen überfliegen!"

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