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Sonntag, 05 März 2017 08:00

Die Angst sich zu blamieren überwinden

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Die Angst sich zu blamieren überwinden Image by Anita S. from Pixabay

Klaus ist ein geübter Pilot, der sehr gut mit seinem Gleitschirm starten kann. Dennoch wird ihm regelmäßig mulmig, wenn er an stark frequentierten Startplätzen, an denen es viele Zuschauer gibt, mit seinem Gleitschirm starten soll. Plötzlich fangen seine Beine an zu zittern und er spürt regelrecht, wie sich die Angst vor einer Blamage in ihm ausbreitet.

Mit zunehmender Angst, wird er nervöser und traut sich immer weniger zu. Je mehr er versucht ruhig und gelassen zusein, desto schlimmer wird es. Als er endlich an der Reihe ist, passiert, was passieren musste, der Start misslingt.

Die meisten Menschen kennen Situationen, in denen sie sich schon einmal blamiert haben oder große Angst davor haben ihnen könnte etwas peinliches passieren. Auf einer Liste mit peinlichen Situationen stehen z.B.:

  • Stolpern in Gegenwart anderer Menschen

  • Stottern während einer Rede

  • Nicht schlaggräftig zu antworten

  • Bei einer Prüfung versagen

  • Rot werden

  • uvm.

Unweigerlich kommen dann Gedanken wie "Hätte ich doch nur... Hätte ich doch nur gezeigt, wie gut ich wirklich bin".


Ob etwas als peinlich erlebt wird, hängt von der jeweiligen Definition ab. Entscheidend ist, dass wir entweder unseren eigenen Erwartungen oder den Erwartungen anderer nicht gerecht geworden sind. Diese Erwartungen werden von unseren Normen und Werten mitbestimmt. Wenn wir Angst haben uns zu blamieren, dann befürchten wir, es könnte etwas geschehen, was nach unserer Vorstellung nicht geschehen sollte. Damit sind wir bereits in einer Art "sich selbsterfüllenden Prophezeiung". Vor dem inneren Auge wird die Katastrophe bereits durchlebt und die Gedanken sind nicht mehr bei der Tätigkeit selbst.


Alan Watts in "The Wisdom of Insecurity" beschreibt es so. Um Musik zu verstehen, muss man sie hören. Aber solange man denkt "ich höre jetzt diese Musik", hört man sie nicht. Egal was du machst, solange du denkst, du machst das jetzt, bist du nicht voll und ganz bei der Sache und weit weg vom sogenannten Flow, bei dem alles locker und leicht von der Hand geht.

 

Drei Punkte die eine Situation peinlich machen:

 

  • Anwesenheit anderer Menschen

  • das Wissen, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu sein

  • die Überzeugung, von anderen beobachtet und negativ beurteilt zu werden.

Bei Klaus führen die anderen Piloten und Zuschauer dazu, dass er meint, er stünde im Zentrum der Aufmerksamkeit. Viele oder alle würden ihn beobachten und im Fall eines misslungen Starts negativ beurteilen. Dies führt dazu, dass er gedanklich bereits bei seiner persönlichen Katastrophe ist, bevor sie überhaupt eingetreten ist. Je mehr er versucht sich zu beruhigen, desto weniger gelingt es ihm. Immer mehr rücken die negativen Vorstellen in den Vordergrund seiner Gedanken. Bis "nichts" mehr geht.

 

Die Ebenen auf denen eine Situation verarbeitet wird:

 

  1. Die Verstandsebene: Die Gedanken kreisen darüber was passieren könnte.

  2. Diese Gedanen führen zu einem bestimmten Verhalten.

  3. Anschließend findet eine Bewertung des Verhaltens als „peinlich“ statt. „Ach wie peinlich, dass mir das ausgerechnet jetzt passiert ist.“

  4. Nach der Bewertung kommen die körperlichen Reaktionen und Gefühle. Klaus wurde unruhig, zitterte und verlies daraufhin erst einmal den Startplatz.

  5. Häufig findet eine zweite Bewertung statt.: „Wie schrecklich, dass andere mich gesehen haben. Wie konnte ich mich nur so blamieren?"

Die drei Ebenen Kopf - Verhalten - Körper hängen unmittelbar zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Gedanken im Kopf lösen ein Verhalten und eine körperliche Reaktion (Anspannung, Schwitzen...) aus. Allerdings ist dieser Ablauf keine Einbahnstraße. Es finden ständig Welchselwirkungen statt. Somit kann auch die Körperhaltung Einfluss auf das Verhalten und die Gedanken nehmen.

Du kannst diese Wechselwirkung ganz leicht selbst ausprobieren. Setz dich aufrecht hin, lächle und blicke nach oben zur Decke, um den Effekt noch zu verstärken kannst du deine Arme noch nach oben nehmen und während du so lächelst und nach oben zur Decke blickst versuche an etwas trauriges zu denken. Nach einer Weile kannst du deine Körperhaltung verändern, die Schultern nach vorne fallen lassen, den Kopf zum Boden senken und die Mundwinkel nach unten ziehen. Nun versuche an etwas schönes, lustiges zu denken - die Mundwinkel aber nach unten gezogen lassen und den Kopf dabei weiter gesenkt halten. - Wahrscheinlich wirst du feststellen, dass dir dies nicht gelingen wird. Denn mit der Körperhaltung sind bestimmte Gedanken und Emotionen verbunden. Wenn du also ein bestimmtes Gefühl oder bestimmte Gedanken auslösen möchtest, dann achte auf deine Körperhaltung. (Kennst du schon den Beitrag "Lach mal wieder"?)

 

Lösungsstrategien für herausfordernde Situationen:

 

  • Begegne der Situation mit Selbstvertrauen und Vorfreude.

  • Strahle dies mit deiner Körperhaltung aus (Sollte dir dies schwerfallen, tue so als ob du dieses Selbstvertrauen und die Vorfreude hättest)

  • Stell dir vor, dass du dich energiegeladen und locker fühlst und mach dich frei von den Urteilen anderer.

  • Stell dir weiterhin vor, dass du zufrieden, weil du dein Bestes gegeben hast, aus dieser Situation weggehst - unabhängig davon, wie dein Ergebnis ist.

  • Wenn du dein Bestes geben möchtes, ist es vollkommen normal auch mal Nervös zu sein. Nimm das zur Kenntniss und kümmere dich dann um etwas anderes.

  • Bewerte dein Verhalten nicht.

  • Falls es zu einem Missgeschick kommt, sprich es offen gegenüber anderen Menschen an. Klaus hätte z.B. mit den Worten „Ich hatte auch schon bessere Tage“ zurück zum Start gehen können.

  • Gehe humorvoll mit der Situation um. Wer über seine eigenen Missgeschicke lachen kann, nimmt den Ernst aus der Situation.

Ein Gedanke der dir helfen könnte:

Missgeschicke passieren jedem – auch den Besten. Ob eine Situation als peinlich empfunden wird, liegt an deiner Vorstellung darüber, was peinlich ist. Lediglich dein Verhalten kann misslingen, aber niemals du als Person!

 


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Gelesen 8707 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 24 August 2022 08:46
Yvonne Dathe

Psychologin (M.Sc.) • Dipl. Betriebswirtin • Gleitschirm-Fluglehrerin

Seit 1994 fliegt Yvonne leidenschaftlich mit dem Gleitschirm. Sie schreibt über das Fliegen, das ACTive Leben und bietet psychologische Beratung an: Mentales Training • Stressige Situationen und Krisen meistern. Ihr Motto ist "Mit Lebensfreude Grenzen überfliegen!"

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